Shakespeare multikulti

Das Anfangs­bild der Sturm-Insze­nie­rung  des Inte­gra­ti­ons­thea­ters "Shake­speare avec Sans­sou­ci", die ihre Pre­mie­re im Treff­punkt Frei­zeit erleb­te, ver­setzt den Besu­cher in die Zeit zurück, als täg­lich Hun­der­te Flücht­lings­boo­te übers Mit­tel­meer kamen und an Euro­pas Küs­ten anlandeten.

Die Geflüch­te­ten kamen mit ihren Geschich­ten, ihren Hoff­nun­gen, ihren Spra­chen und kul­tu­rel­len Prä­gun­gen und sind jetzt dabei, an den neu­en Ufern hei­misch zu werden.

Davon erzählt und dazu trägt Kas­par von Erf­fas Inte­gra­ti­ons­thea­ter­pro­jekt, das bei der Uni­ver­si­tät Pots­dam ange­sie­delt ist, bei. Seit sechs Mona­ten pro­ben unter sei­ner Regie jun­ge Men­schen aus neun Natio­nen Shake­speares Alters­werk "Sturm". Einen "Mul­ti­kul­ti-Sturm", wie der Pro­gramm­fly­er auf Deutsch, Eng­lisch und Ara­bisch ankün­digt und die Insze­nie­rung auch umsetzt.

Denn min­des­tens in einer die­ser Spra­chen soll­te man zuhau­se sein, wenn man sich die über zwei­stün­di­ge Auf­füh­rung anschaut. Die immer zwi­schen die­sen drei Spra­chen pen­delt und einen, je nach Sprach­kennt­nis, beglü­cken, befrie­di­gen oder frus­trie­ren kann.

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Inte­gra­ti­ons­thea­ter Shake­speare avec Sanssouci/Foto: Iyad Krayem

Und damit genau jene Situa­ti­on nach­emp­fin­den lässt, die einem auch in der Öffent­lich­keit, am Arbeits­platz oder im Freun­des­kreis begeg­nen kann. Die­se jun­gen Schau­spie­ler stürz­ten sich mit Feu­er­ei­fer auf die Shake­speare-Tex­te und es lässt einen ein­fach nur den Hut zie­hen, wie sehr Orhan Özgül (Pro­spe­ro), Sami­ra Mami (Miran­da) oder Abdul­ha­mid Kou­ko (Ste­pha­no) in der deut­schen und wei­te­ren Spra­chen zuhau­se sind.

Wun­der­bar ist auch, wie die nicht zum Adel zäh­len­den Figu­ren – Cali­ban, Trin­cu­lo und Ste­pha­no – ihrem komö­di­an­ti­schen Affen Zucker geben dür­fen und die  im ers­ten Teil zu sta­ti­sche und ins­ge­samt sehr text­las­ti­ge Insze­nie­rung Erf­fas auf­bre­chen. Cali­ban mit hohem Kör­per­ein­satz und grob­schläch­ti­gem Flu­chen, Hof­narr Trin­cu­lo mit viel ukrai­ni­scher See­le und eben­sol­chem Humor und Ste­pha­no mit einem Aus­flug ins Jid­di­sche und dem berühm­ten Song "Wenn ich ein­mal reich wär‘".

Die­ser und auch das bekann­te ara­bi­sche „Lamma bada yatat­han­na“ wur­den von Chris­ti­an Deich­stät­ter ein­stu­diert und live beglei­tet und sehr pas­sa­bel von den Lai­en­dar­stel­lern und –sän­gern dar­ge­bo­ten. Was das Publi­kum auch mehr­mals mit Sze­nen­ap­plaus belohn­te. Deich­stät­ter enga­gier­te sich auch mit Geräu­schen und Per­cus­sion, die Sze­nen dra­ma­tisch oder hin­ter­grün­dig tie­risch-aus­zu­ma­len. Dies und die über­wie­gend his­to­ri­sie­ren­den, präch­ti­gen Kos­tü­me von Manue­la Mot­ter run­de­ten das Pro­jekt ab.

Aller­dings hät­te man sich auch vor­stel­len kön­nen, das Gan­ze mehr ins Hier und Jetzt zu holen. Denn vor allem die Sze­nen zwi­schen Pro­spe­ro und sei­ner Toch­ter Miran­da sowie die­ser mit ihrem Hals-über-Kopf-Gelieb­ten Fer­di­nand, dem Sohn des Königs von Nea­pel, wirk­ten zu märchenhaft-entrückt.

Und da es ja heu­te – genau­so wie so zu Shake­speares Zei­ten – dar­um geht, Feind­schaft und Fremd­heit (unter ande­rem) durch Lie­be, Humor und Demut auf­zu­lö­sen,  hät­te einen schon inter­es­siert, wel­che künst­le­ri­schen Mit­tel jun­ge, moder­ne Men­schen dafür finden.

Astrid Priebs-Trö­ger

07. April 2017 von admin
Kategorien: Allgemein, Alltagskultur, Theater | Schlagwörter: | Schreibe einen Kommentar

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