Rose und Schaf haben Spaß
Das Wetter spielte super mit. Strahlender Sonnenschein herrschte, als am vergangenen Wochenende punkt vier in Potsdam-West die Kirchenglocken läuteten. Kinder und Erwachsene waren in etwa zu gleichen Teilen in die ländliche Idylle des Poetenpack-Hoftheaters geströmt. In dem diesmal der "Kleine Prinz" in der dramatisierten Fassung von Elisabeth Vera Rathenböck gegeben wurde.
Erste Überraschung: Statt Wüstensand viel Stoff. In gelb, orange, rot und blau. Und: Der Kleine Prinz wird von einer jungen Frau (Clara Schoeller) gespielt. Die ist hier kein ätherisch-schwebendes, sondern ein ziemlich handfestes Wesen. Schoeller haucht ihre Dialoge nicht poetisierend dahin, sie ist zwar auf der Suche, aber doch ziemlich geerdet und überaus selbstbewusst.
Sie trifft auf den, in der Wüste notgelandeten Piloten (Michael Gerlinger), der zwar nicht sein Leben und auch nicht sein Flugzeug verloren hat. Dem jedoch heftig die Frisur verrutscht ist, wie ein naseweiser Zuschauer gleich zu Beginn ungeniert dazwischenruft. Nicht der erste Lacher. Die kriegt der, wie ein Wüstenbewohner mit Kaftan und Fez gekleidete, Musiker Olaf Mücke, der mit Gießkanne und Besen polternd Ordnung schaffen will im überaus munteren Publikum.
Dieser direkte Einbezug der kleinen Zuschauer ist eine liebenswerte Stärke der Inszenierung von Janet Kirsten. Denn der "Kleine Prinz" ist, wie Harald Martenstein in einem ZEIT-Artikel schreibt, eigentlich ein Buch, vielleicht sogar eine (Kinder-)Bibel, für Erwachsene. Eine wirklich fetzige Handlung mit Höhen und Tiefen, Held und Antiheld und einer – wie auch immer gearteten – Auflösung am Schluss hat sie nicht. Stattdessen eine siebentägige Reise, indem der/dem Kleinen eine Reihe skurriler Personen begegnen.
In der Poetenpack-Inszenierung trifft er/sie den Eitlen und den Säufer und auch die Schlange nicht. Das Ganze erscheint dadurch geglättet und von allzu vielen Widersprüchen befreit. Sie konzentriert sich auf den zwischen Kindern und Erwachsenen und zwischen Haben und Sein, was ja an sich schon groß genug ist. Und natürlich die Liebe!
Die entflammt den Prinzen für die kapriziöse und eitle Rose. Eine komische Beauty-Queen-Nummer, die Felix Isenbügel da mimisch, gestisch und singend abzieht. Und die natürlich wieder für viele Lacher sorgt. Die Begegnungen mit Geschäftsmann und Geograf sind zwar liebevoll und mit viel Sinn fürs Detail ausgestattet (Kostüme: Caroline Sánchez) – aber man merkt an ihrem Gezappel bei zu viel Sprechtheater, dass sich Vorschulkinder dafür nicht wirklich interessieren.
Und auch nicht für den allzu berühmten Satz, der in dieser Inszenierung natürlich nicht fehlen darf und auf den vor allem die älteren Semester im Publikum gewartet haben. Die Kinder interessiert vielmehr, ob und wie Prinz und Fuchs Freunde werden und da greift Janet Kirsten auf das zurück, was Kinder selbst tagtäglich erleben.
Erstmal Abstand halten, dann näher ran rücken und gucken, ob man den anderen leiden und mit ihm Zeit verbringen mag. Das funktioniert auch hier, genauso wie die Brunnensuche, und das gemeinsame Trinken von und Spritzen mit dem lebensspendenden Nass. Ende gut, alles gut? Beim Poetenpack ja.
Der kleine Prinz verschwindet in den Sonnenuntergang. Hin zur Rose. Die Maschine des Piloten fliegt wieder und der Fuchs trollt sich in die Wüste. Davor singen und tanzen sie aber noch gemeinsam ihr Abschlusslied: "Die Rose und das Schaf, die haben mächtig Spaß! … Wir freuen uns so sehr und tanzen hin und her."
Summa summarum: Eine textlich und thematisch entschlackte Fassung, die auf optischen Eindruck und lustige Mitmachtheatereffekte setzt.
Astrid Priebs-Tröger
Dieser Text erschien zuerst in den Potsdamer Neuesten Nachrichten vom 15.06.17