Tanz mit dem Objektiv
Kameras sind heutzutage fast überall im öffentlichen Raum präsent. Und auch wir selbst filmen nahezu alles, was wir tun. Dieses Phänomen trieb die junge Circus-Kompanie Hippana.Maleta jetzt in "Inside juggling" auf die Spitze.
Bereits im Backstage-Bereich wird die niederländische Jongleurin Liza van Brakel gefilmt. Sie wird dabei beobachtet, wie sie sich aufwärmt und mit letzten Handgriffen ihre kommende Vorstellung vorbereitet. Wir sind mittels Kameraauge live dabei, wie ihr eine Tasse herunterfällt oder sehen den handgeschriebenen Ablaufplan des Abends.

Und es wird auch gefilmt, wie sie über Gänge und Treppen auf die T‑Werk-Bühne kommt. Hier wird dann die quadratische Kamera-Box am langen Stiel, die van Brakel kunst- und kraftvoll über/auf verschiedenen Körperteilen zu balancieren vermag, zur ebenbürtigen Tanzpartnerin. Auge in Auge mit ihr wird die mediale Selbstbespiegelung auf einen ersten Höhepunkt getrieben.
Doch die Show bleibt nicht – wie ihr Titel schon sagt – auf Äußerlichkeiten beschränkt. Sondern zeigt auch, wie die wenig glamourös wirkende Performerin innerlich tickt/ticken könnte. Indem sie mit dunkler Sonnenbrille unter dem weißen Tisch verschwindet und mit ihrer Jonglierkeule auf die dort stehenden Teetassen einschlägt. Mit einiger Lust auch am Zerstören …

Nach dem auch akustisch eindrucksvollen "Scherbenballett" werden die Kamera-Manipulationen weiter vorangetrieben. Die elegant, aber gleichzeitig unaufwändig jonglierende Performerin wird durch Kameraeinstellungen immer wieder vervielfältigt. Kleinste Aktionen mit ihrer weißen Keule – auch unter dem Tisch – werden dabei ins rechte Licht gerückt und durch Perspektive und Schnitt überhöht.

Durch deren Vergrößerung/Vervielfältigung entstehen wunderbar grafische Szenen, die auf der Live-Jonglage beruhen, sich aber ihrer auch medial bedienen, um ein neues/eigenes Kunstwerk zu erschaffen. Video: Alex Allison, Regie: Jonas Schiffauer.
"Inside juggling" wurde mit dem T‑Werk koproduziert und sucht sehr originell danach, Neuen Circus mit Videokunst zu verbinden. Es macht viel Spaß, auch als Publikum Teil dieses humorvoll-kreativen Prozesses zu sein.
Astrid Priebs-Tröger