Freiheit und Schlangengrube

Sind Sie schon mal eine Stra­ße namens "Frei­heit" ent­lang gekom­men? Ich dach­te min­des­tens an eine der Pracht­stra­ßen die­ser Welt, als ich ges­tern den Namen las. 

Real kreuz­te  eine Hotel­hoch­burg mit dem Charme eines Kühl­tur­mes mei­nen zwei­spu­ri­gen Weg. Dann folg­ten No-Name-Auto­häu­ser und Klein­ge­wer­be. Doch da hat­te ich die "Frei­heit" schon wie­der ver­las­sen, um aus­ge­rech­net an den Gär­ten der "Schlan­gen­gru­be" vor­bei, zu IKEA zu gelangen.

Auch so ein moder­nes Sym­bol für "Frei­heit", wenn man z. B. an die Eröff­nung der ers­ten Mos­kau­er Filia­le zur Jahr­tau­send­wen­de  denkt. Ich war ges­tern nicht ganz frei­wil­lig dahin unter­wegs. Ich muss­te einen Gut­schein ein­lö­sen, den ich schon zwei­ein­halb Jah­re mit mir herumtrug.

Natür­lich hät­te ich die Frei­heit, ihn ver­fal­len zu las­sen. Doch einer­seits hin­der­te mich das schlech­te Gewis­sen dem Geber gegen­über dar­an. Ande­rer­seits bin ich sicher, dass mei­ne Spen­de nicht den paki­sta­ni­schen Nähe­rin­nen zugu­te­ge­kom­men wäre.

SANYO DIGITAL CAMERA

by Rike/pixelio.de

Da ich mich schon vor Jah­ren mit Klein­mö­beln, Lam­pen und Kel­ler­re­ga­len ein­ge­deckt habe, ging ich direkt in die Abtei­lung Krims und Krams. Was für eine Aus­wahl! Ich geriet echt in Bedrängnis.

Davor hat­te ich ver­sucht, Men­schen mit voll­ge­pack­tem Wagen mei­nen Gut­schein schmack­haft zu machen. Gegen Bares natür­lich. Eher Spieß­ru­ten­lauf als Schlan­gen­gru­be. So ging ich selbst bela­den zur Kasse.

Erst nach dem drit­ten Ver­such akzep­tier­te die­se das Gut­schein-Plas­tik­teil. Und ja, eine Teig­ta­sche mit Toma­ten und Moza­rel­la habe ich mir auch noch gegönnt. Bio natür­lich. Die­se Wahl hat­te ich schließlich!

Fragt sich, was "Frei­heit" und "Schlan­gen­gru­be" ver­bin­det? In Mär­chen ist "Schlan­gen­gru­be" ein Ort der Fol­ter und des Todes. In Jean Pauls Werk eine Meta­pher für see­li­sche Bedräng­nis. Wen wun­dert es, dass im heu­ti­gen Ber­lin bei­de so nahe bei­ein­an­der­lie­gen. Und: Gleich hin­ter IKEA befin­det sich ein pracht- vol­ler chi­ne­si­scher Fresstempel.

Astrid Priebs-Trö­ger

11. Juni 2015 von Textur-Buero
Kategorien: Alltagskultur | Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert