Im Nebel verschwinden
Rote Rosen bekamen die fünf Protagonisten der Deutschlandpremiere von "Sahara", die am vorletzten Unidram-Tag in der fabrik gezeigt wurde. Diese farbigen und frischen Blumen standen in direktem Kontrast zur entrückt wirkenden Inszenierung der italienischen Choreografin Claudia Castellucci.
Die in "Sahara", also in der Wüste vor allem die extreme Monotonie von Raum und Zeit reizte und deren Company Móra sich der Idee eines Tanztheaters, das vor allem auf visueller, plastischer und akustischer Kraft basiert, verschrieben hat.

"Sahara" beginnt in Stille und in Dunkelheit. Plötzlich erscheint jemand mit Taschenlampe und beleuchtet in der hinteren Diagonale der Bühne eine Figur in hellem Umhang, der mit Stacheln besetzt ist. Dieses Wesen hat den Kopf zwischen den Schultern vergraben, und seine roten Augen leuchten, als es sich mehrmals dreht und abermals in den Lichtschein gerät.
Dies ist der Start von vielen verschiedenen Figurenkonstellationen, die sich in "Sahara" langsam entwickeln, kurz im Halbdunkel aufscheinen und wieder (im Nebel) verschwinden. Die hellen und erdigen Anzüge, die die erst nach und nach als Frauen und Männer erkennbaren Tanzenden anhaben, tragen zur monochromen Farbstimmung bei.

Wohingegen der Sound von Stefano Bartolini keineswegs eintönig ist, sondern viele verschiedene Geräusche wie (Donner)Grollen, Anklänge an Volksmusik oder an liturgische Gesänge in sich vereint, die jedoch wie von weither klingen und manchmal auch verzerrt sind, und insgesamt zur melancholischen Grundstimmung von "Sahara" beitragen.
Das tun auch die wiederkehrenden Gesten und Bewegungen der Tanzenden, die oft gebückt, mit Händen auf dem Rücken oder gesenktem Kopf und ausgestreckter Hand auf der Szenerie erscheinen und dann wieder im Nichts verschwinden, aus dem sie kamen und das insgesamt surreal anmutet.
Wäre da nicht die lautstarke Tonspur, die immer wieder durchs Theater dröhnt. Und die wie Traumsequenzen anmutenden Abläufe bricht. Zum Schluss ist die Frau mit dem Stachelumhang wieder allein und liegt auf Knien in der Bühnenmitte. Und wird langsam von Stille und Dunkelheit geschluckt.
"Sahara" wirkt in seiner originellen Machart fast nicht wie Tanz, sondern wie bewegte Bilder, die aus vielen verschiedenen Sequenzen jedoch keinen stringenten Film entstehen lassen. Castellucci erhielt 2020 den Silbernen Löwen der Tanzbiennale von Venedig.
Astrid Priebs-Tröger
Die insgesamt 20 Vorstellungen des 5‑tägigen Festivals waren zum ersten Mal in der 31-jährigen Geschichte von Unidram allesamt ausverkauft. Rund 2.000 Besucher sahen u. a. vier Deutschland-Premieren von Stücken aus Italien, Belgien, Großbritannien und Tschechien.
