Im Nebel verschwinden

Rote Rosen beka­men die fünf Prot­ago­nis­ten der Deutsch­land­pre­mie­re von "Saha­ra", die am vor­letz­ten Uni­dram-Tag in der fabrik gezeigt wur­de. Die­se far­bi­gen und fri­schen Blu­men stan­den in direk­tem Kon­trast zur ent­rückt wir­ken­den Insze­nie­rung der ita­lie­ni­schen Cho­reo­gra­fin Clau­dia Castellucci.

Die in "Saha­ra", also in der Wüs­te vor allem die extre­me Mono­to­nie von Raum und Zeit reiz­te und deren Com­pa­ny Móra  sich der Idee eines Tanz­thea­ters, das vor allem auf visu­el­ler, plas­ti­scher und akus­ti­scher Kraft basiert, ver­schrie­ben hat.

Clau­dia Castellucci_Mòra Company_Sahara © Andrea Macchia

"Saha­ra" beginnt in Stil­le und in Dun­kel­heit. Plötz­lich erscheint jemand mit Taschen­lam­pe und beleuch­tet in der hin­te­ren Dia­go­na­le der Büh­ne eine Figur in hel­lem Umhang, der mit Sta­cheln besetzt ist. Die­ses Wesen hat den Kopf zwi­schen den Schul­tern ver­gra­ben, und sei­ne roten Augen leuch­ten, als es sich mehr­mals dreht und aber­mals in den Licht­schein gerät.

Dies ist der Start von vie­len ver­schie­de­nen Figu­ren­kon­stel­la­tio­nen, die sich in "Saha­ra"  lang­sam ent­wi­ckeln, kurz im Halb­dun­kel auf­schei­nen und wie­der (im Nebel) ver­schwin­den. Die hel­len und erdi­gen Anzü­ge, die die erst nach und nach als Frau­en und Män­ner erkenn­ba­ren Tan­zen­den anha­ben, tra­gen zur mono­chro­men Farb­stim­mung bei.

Clau­dia Castellucci_Mòra Company_Sahara © Andrea Macchia

Wohin­ge­gen der Sound von Ste­fa­no Bar­to­li­ni kei­nes­wegs ein­tö­nig ist, son­dern vie­le ver­schie­de­ne Geräu­sche wie (Donner)Grollen, Anklän­ge an Volks­mu­sik oder an lit­ur­gi­sche Gesän­ge in sich ver­eint, die jedoch wie von weit­her klin­gen und manch­mal auch ver­zerrt sind, und ins­ge­samt zur melan­cho­li­schen Grund­stim­mung von "Saha­ra" beitragen.

Das tun auch die wie­der­keh­ren­den Ges­ten und Bewe­gun­gen der Tan­zen­den, die oft gebückt, mit Hän­den auf dem Rücken oder gesenk­tem Kopf und aus­ge­streck­ter Hand auf der Sze­ne­rie erschei­nen und dann wie­der im Nichts ver­schwin­den, aus dem sie kamen und das ins­ge­samt sur­re­al anmutet.

Wäre da nicht die laut­star­ke Ton­spur, die immer wie­der durchs Thea­ter dröhnt. Und die wie Traum­se­quen­zen anmu­ten­den Abläu­fe bricht. Zum Schluss ist die Frau mit dem Sta­chel­um­hang wie­der allein und liegt auf Knien in der Büh­nen­mit­te. Und wird lang­sam von Stil­le und Dun­kel­heit geschluckt.

"Saha­ra" wirkt in sei­ner ori­gi­nel­len Mach­art fast nicht wie Tanz, son­dern wie beweg­te Bil­der, die aus vie­len ver­schie­de­nen Sequen­zen jedoch kei­nen strin­gen­ten Film ent­ste­hen las­sen. Cas­tel­luc­ci erhielt 2020 den Sil­ber­nen Löwen der Tanz­bi­en­na­le von Venedig. 

Astrid Priebs-Trö­ger

Die ins­ge­samt 20 Vor­stel­lun­gen des 5‑tägigen Fes­ti­vals waren zum ers­ten Mal in der 31-jäh­ri­gen Geschich­te von Uni­dram alle­samt aus­ver­kauft. Rund 2.000 Besu­cher sahen u. a. vier Deutsch­land-Pre­mie­ren von Stü­cken aus Ita­li­en, Bel­gi­en, Groß­bri­tan­ni­en und Tschechien.

10. November 2025 von Textur-Buero
Kategorien: Allgemein, Performance, Tanz | Schlagwörter: , , , | Schreibe einen Kommentar

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