Grenzen des Wachstums

Der Film­ti­tel "Bau­er unser" klingt wie Vater­un­ser und dies sei auch gewollt, sag­te Regis­seur Robert Scha­bus, der zur Deutsch­land­pre­mie­re sei­nes gleich­na­mi­gen Fil­mes am 23. März  im Pots­da­mer Film­mu­se­um zu Gast war. 

Bau­er sei einer der wich­tigs­ten Beru­fe, und Scha­bus der selbst auf einem Hof in Kärn­ten groß­ge­wor­den ist, woll­te er zei­gen, was mit der gren­zen­lo­sen Wachs­tums­lo­gik in der öster­rei­chi­schen Land­wirt­schaft – die­se steht exem­pla­risch für Euro­pa – in den ver­gan­ge­nen vier­zig bis fünf­zig Jah­ren ange­rich­tet wur­de und nach wie vor wird.

Industrialisierte Landwirtschaft: Wachse oder weiche!

"Wach­se oder wei­che!" – die­ser Slo­gan wird an meh­re­ren Bei­spie­len in Öster­reich gezeigt. Scha­bus  spricht mit kon­ven­tio­nel­len und (Bio-)Landwirten, die Schwei­ne, Hüh­ner oder Kühe hal­ten.  Und er setzt bei die­sen Prot­ago­nis­ten kei­ne ideo­lo­gi­sche Bril­le auf, son­dern lässt alle gleich­be­rech­tigt zu Wort kom­men und den sys­tem­im­ma­nen­ten Wahn­sinn der immer schnel­le­ren, inten­si­ve­ren und (schein­bar) kos­ten­güns­ti­ge­ren Pro­duk­ti­ons­ab­läu­fe darstellen.

Doch es sind kon­ven­tio­nell arbei­ten­de Schwei­ne­bau­ern, die erklä­ren, dass sie mit ihrer Arbeit eigent­lich nichts (mehr) ver­die­nen, son­dern pro schlacht­rei­fem Tier bis zu zehn Euro drauf­zah­len. Auch von Schul­den und Land­flucht ist immer wie­der die Rede. Das ins­ge­samt desas­trö­se Bild, das der Film zeich­net, wird von Bene­dikt Haer­lin, der am Welt­agrar­be­richt von UN und Welt­bank 2008 mit­wirk­te,  durch Kom­men­ta­re zur Welt­la­ge ins Ver­hält­nis gesetzt.

Desaströses Gesamtbild

Haer­lin, der eben­falls Gast im Film­mu­se­um war, und in Ber­lin die Zukunfts­stif­tung Land­wirt­schaft gegrün­det hat, zeig­te im anschlie­ßen­den Film­ge­spräch, wie alles mit allem zusam­men­hängt. Er sag­te auch, dass der Groß­teil der land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­te welt­weit durch Betrie­be erzeugt wird, die weni­ger als zwei Hekt­ar bewirt­schaf­ten. In Deutsch­land (und Euro­pa) nimmt jedoch der Trend zu immer grö­ße­ren Flä­chen wei­ter zu, wäh­rend die Zahl der Land­wir­te abnimmt.

Dass es Tie­ren, Böden und den Men­schen mit die­ser Inten­si­vie­rung nicht gut­geht, wur­de, je län­ger man schau­te und zuhör­te mehr als deut­lich. Denn obwohl einem die vie­len Zah­len und Fak­ten nur so im Hirn schwirr­ten, sah man auch in die Gesich­ter der Men­schen und ver­stand, dass selbst bei denen, die den Gewinn­ver­spre­chen getraut haben, die Zwei­fel an der Mach­bar­keit wachsen.

Die Reso­nanz von "Bau­er unser" sei in Öster­reich sehr gut gewe­sen, erzähl­te Robert Scha­bus. Gera­de in den Dör­fern und klei­nen Städ­ten – habe der Film einen Nerv getrof­fen, denn vom Höfester­ben sind nicht nur die Bau­ern selbst, son­dern auch die Dör­fer mit ihren gewach­se­nen Struk­tu­ren betroffen.

Doch Alternativen sind möglich

Zum Glück hat Robert Scha­bus auch Land­wir­te gefun­den, die ande­re Wege gehen. Da ist die­ses Ehe­paar, das ohne Kre­dit aus­kommt und einen Betrieb mit Scha­fen, Getrei­de, Wein- und Gemü­se­an­bau unter­hält. Die Bil­der der indus­tri­el­len Fleisch­fa­bri­ken, die den Film durch­zie­hen, könn­ten in kei­nem grö­ße­ren Gegen­satz ste­hen als zu den Sze­nen der Haus­schlach­tung, die dort ohne teu­re Gerät­schaf­ten und mit so etwas wie Demut dem Ster­ben gegen­über bewerk­stel­ligt wird.

Und wenn man glaubt, dies sei alles Öko­spin­ne­rei und nie­mals dazu geeig­net, die wach­sen­de Welt­be­völ­ke­rung zu ernäh­ren, muss man sich von den Fak­ten des Welt­agrar­be­rich­tes eines Bes­se­ren beleh­ren las­sen. Denn über 80 Pro­zent der Welt­land­wirt­schafts­pro­duk­te stam­men aus Klein­be­trie­ben. Und wenn die­se vor­wie­gend Gemü­se und Getrei­de anbau­en, zie­hen sie zudem für die mensch­li­che Ernäh­rung mehr ver­wert­ba­re Kalo­rien aus ihrem Land als die hoch­in­ten­si­vier­te Land­wirt­schaft. Das Schluss­bild des Fil­mes eines  regio­na­len Bau­ern­markt­stan­des tat zudem auch der See­le gut.

Astrid Priebs-Trö­ger

"Bau­er unser" star­te­te am 23. März bun­des­weit in den Kinos.

Die­ser Arti­kel erschien zuerst in den Pots­da­mer Neu­es­ten Nach­rich­ten vom 25.03.17

 

25. März 2017 von admin
Kategorien: Alltagskultur, Film | Schlagwörter: , , | Schreibe einen Kommentar

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