Stadt für alle?
Potsdam boomt. Das ist an den Babybäuchen besonders im Sommer eindrucksvoll zu sehen. Junger Mütter wohlgemerkt. Jedenfalls überwiegen die zwischen 25 und 35. Sie leben vorzugsweise in Potsdam-West oder Babelsberg. Und haben nicht ein, sondern oft zwei Kinder im hippen Babboe.
Kinder brauchen: zugewandte Erwachsene und Freiräume. An letzterem hapert es in der kinderreichen Landeshauptstadt. Wenn man den eigenen Erfahrungen und der Demo "Potsdam für Alle" Glauben schenken darf.
Dort gingen am Samstagnachmittag (!) etwa vierhundert schwarz- oder buntgekleidete (zumeist junge) Menschen auf die Straße. Sie forderten neben bezahlbarem Wohnraum für Studenten auch (mehr) Freiräume für Kinder und Kreative.
Unter anderem ging es um die "Plantane" – eine Freifläche gegenüber der Dortu-Grundschule. Die diese als "Sportplatz" nutzt. Ich kann mich noch gut an die Maulerei meines inzwischen erwachsenen Kindes erinnern, wenn es auf der Buckelpiste einen 500 m‑Lauf absolvieren musste.
In der Zwischenzeit hat sich dort nichts getan. Bis vor Kurzem ein Investor verkündete, genau da dreihundert Wohnungen (für Besserverdienende) zu errichten. Nicht nur hier sitzt die Stadt ihre Probleme aus, bis sie ihr meistbietend abgekauft werden.
Jetzt gibt es eine Initiative, die das verhindern will. Gut so. Aber: Warum werden in Potsdam Menschen immer erst aktiv, wenn es um/gegen die sogenannten „Reichen und Schönen" geht? Die von der wasserreichen Peripherie nun auch ins Zentrum drängen.
Mich wundert das schon lange nicht mehr: Babelsberger*innen sagen heute noch, dass sie nach Potsdam fahren, wenn sie das nahegelegene Zentrum meinen. Sie leben zwar im größten Stadtteil, doch der ist vor mehr als siebzig Jahren eingemeindet worden.
Und: Zu den vor Jahrzehnten entstandenen Neubaugebieten, in denen der Großteil – das wird gern vergessen – der Potsdamer Bevölkerung lebt, gibt es zwar funktionierende Verkehrs- aber ansonsten herzlich wenige und wenig herzliche Verbindungen.
Astrid Priebs-Tröger