Tür auf, Tür zu?!
Die hohe graue Wand mit den vielen Türen ist nicht sehr einladend. Und so rennen auch zu Beginn von "Exit" die vier jungen Männer von "Circumstances" aus Leuven nahezu blicklos aneinander vorbei und klappen geräuschvoll mit den Türen.
Anscheinend ist dieser – wie ein kahles Treppenhaus anmutende Raum – kein Ort für Begegnungen und jeder macht, dass er so schnell wie möglich wieder daraus verschwindet. Doch die vorwärts-drängende Tonspur von Bastiaan van Vuuren und Bastian Benjamin bringt die tanzenden Akrobaten dann doch zusammen. Zuerst in dem Raum zwischen den Türen und dann auch außerhalb des Gebäudes.

Nach und nach entwickelt sich zwischen Luuk Brantjes, Samuel Rhyner, Christopher McAuley und Harrison Claxton so etwas wie eine verschworene (Männer-)Gemeinschaft. Man denkt an die vier Musketiere und ihr Motto "Alle für Einen, Einer für Alle", als sie kraftvoll und dynamisch die hohen Wände erklettern, zwischen den auf- und zuklappenden Türen slapstickartige Begegnungen haben und schließlich versuchen, die jetzt um ihre Mittelachse rotierende hohe Wand zu erklimmen.
Dies gelingt (fast) nicht allein und jeder ist auf die Unterstützung des Anderen angewiesen. Und sie vollführen dabei großartige Partnerakrobatiknummern – ungemein athletisch, dynamisch und immer wieder mit dem gewissen Schalk im Nacken.

Doch bei all der Schnelligkeit, dem ständigen (männlichen) Kräftemessen und dem hohen technischen Niveau wünscht man sich als Zuschauerin doch irgendwann einen Ausgang aus diesem unaufhörlich rotierenden Etwas. Sehnt sich nach Stille und Entspannung.
Wird es den inzwischen nur noch in der zweiten Etage rumturnenden Artisten gelingen, ein (neues) Gleichgewicht zu finden und wieder (festen) Boden unter den Füßen zu gewinnen?
Die von Piet Van Dycke erdachte Choreografie findet auch auf diese Fragen Antworten und ermöglicht durch diese kraftstrotzende Noveau Cirque-Inszenierung auch einen Blick aufs aktuelle Zeitgeschehen.

In dem (überwiegend) männliche Qualitäten die Oberhand gewonnen haben und um unser aller Wohl willen doch wieder mit fließenden, ausgleichenden Energien und vor allem mit Kooperationen verbunden werden sollten.
Um für alle ein neues Gleichgewicht zu ermöglichen. Auch wenn dies wie in "Exit" final nur langsam und tastend geschieht, sollte man es wenigstens versuchen …
Astrid Priebs-Tröger
