A Million Dreams
Die Begeisterung schlug buchstäblich Wellen, als am Samstagabend zum zweiten Mal "Junge Stücke" die Potsdamer fabrik fluteten. Und das im Wortsinn, denn die JugendTanzCompany der fabrik brachte mit "Overflow" das Element Wasser mit seinen vielen verschiedenen Facetten tänzerisch auf die Bühne.
Gleich am Anfang von Giulia Del Balzis dynamischer Choreografie stehen die dreizehn jungen Tänzer:innen in einem Lichtkreis dicht beieinander. Still. Bis ein hörbares Rauschen und Tropfen einsetzt und die jeansblau gekleideten Performer:innen zuerst wie ein starker Wirbel zusammen- und wenig später auch auseinander-fließen.
Dies wird sich im Laufe der fast einstündigen Choreografie, an der die 15- bis 19-Jährigen ein Schuljahr lang gearbeitet haben, immer wieder wiederholen. Sie verkörpern die Kraft, Schönheit und Widerstandsfähigkeit dieses Lebenselixiers und damit auch ihre eigene.
Soll man zusammenfließen oder sich vereinzeln? Geht die eigene Individualität nicht im allgemeinen Strom verloren? Der so reißend werden kann, dass er alles andere unter sich begräbt. Diesen tanzenden Jugendlichen ist anzumerken, dass die Fragen der kraftvollen Inszenierung (auch) ihre ganz persönlichen sind.
Dieser Eindruck wiederholt sich, als die sechs jungen Frauen der TanzWERKSTATT Cottbus mit der Choreografie "Alles nur Show!" von Golde Grunske die Bühne betreten. Sie kichern und sie quatschen dabei, schieben einen Kleiderständer mit farbigen Oberteilen vor sich her und legen wenig später eine Tanz-Show auf die Bretter, die ihnen die Welt bedeuten.
"A Million Dreams" von "The Greatest Showman" untermalt diese vielfarbig schillernde Anfangs-Sequenz. Doch wenig später stehen die sechs im Zwielicht und jede kämpft für sich allein, um ihren größten Traum – im Rampenlicht stehen und gesehen werden – (dauerhaft) zu erfüllen.
Und was so locker-leicht aussah und begann, entpuppt sich als ungemein erschöpfende und einsame Wiederholung. Während zwei von ihnen im Halbdunkel eisern immer weiterkämpfen, sammeln sich die anderen an der Bühnenrückwand und spüren dort erneut die Geborgenheit der Gemeinschaft. Diesmal keiner perfekt inszenierten, sondern eher einer unter erschöpften Gleichgesinnten.
Und weil diese sie – auch in der Schwäche – trägt, entwickeln sie auch wieder die Kraft, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Auch das eine Erfahrung, die (nicht nur) Jugendliche immer wieder im Alltag machen können, jenseits von allem Glanz und Glamour.
Hut ab vor diesen engagierten Jugendlichen! Zu denen noch zwei andere Gruppen aus Potsdam – die Compagnie tanzparcours und die vom Neuen Gymnasium – zählten, die bereits am Vortag ihre Choreografien zeigten.
Sven Till dankte für zwei wunderbare Abende und konstatierte, dass "der Tanz in Brandenburg lebt!" Und, um "The Greatest Showman" zu zitieren, braucht es dafür "Millionen Träume … für die Welt, die wir erschaffen werden." Diese jungen Tänzer:innen haben für deren Verwirklichung schon ein großartiges Fundament gelegt.
Astrid Priebs-Tröger