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Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Bedingungsloses Grundeinkommen. Denn es bedeutet, die Freiheit zu haben, nur noch das zu tun, was man wirklich will. Wenn Einkommen und Arbeit (endlich) voneinander getrennt wären!
Seit fast siebzig Jahren ist diese Grundeinkommens-Idee in der Welt, wie man im abendfüllenden Dokumentarfilm "Free Lunch Society" von Christian Tod an vielen Beispielen erfuhr. Und sie scheint nicht totzukriegen zu sein.
Die Idee ist schon lange in der Welt
Martin Luther King befürwortete sie während der Rassenunruhen in den 1960er Jahren und Richard Nixon setzte sich gemeinsam mit Donald Rumsfeld für ihre Erprobung ein. Doch dann kam der Neoliberale Ronald Reagan an die Macht und die Idee verschwand zumindest von der US-amerikanischen Bildfläche.
Doch ihre Befürworter ließen nicht locker und seit mehr als zehn Jahren reist der dm-Chef Götz Werner damit durch Deutschland und in der Schweiz setzt sich Daniel Häni – auch ein Unternehmer – dafür ein.
Seit sie facebook-Gründer Mark Zuckerberg befürwortet, erlebt sie einen regelrechten Hype. Kein Wunder, denn schon in ein paar Jahren wird die Digitalisierung jede Menge Menschenarbeitsplätze gefressen haben und die bürgerliche Mitte in den westlichen Industrieländern voraussichtlich noch stärker als bisher erodieren.
Der Dokumentarfilm produziert durchweg positive Stimmung für das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), das synonym mit garantiertem Einkommen oder negativer Einkommenssteuer ist. Und sowohl in den USA (Alaska Savings Account), in Namibia im kleinen Dorf Otjivero oder momentan in Finnland erprobt wurde bzw. wird. In den meisten Fällen jedoch weder ausgewertet noch weitergeführt wurde.
Einseitig: Nur positve Stimmung für ein Grundeinkommen
Doch "Free Lunch Society" stellt keine wirklichen Fragen und gibt fast keine Antworten. Stattdessen werden die überbordenden Informationen von Szenen aus "Star Trek" gerahmt, die im 24. Jahrhundert spielen und mit ironischem Abstand auf die Probleme der Jetztzeit herabblicken. Auch Gegner*innen eines BGE kommen nicht zu Wort.
Dabei wäre die Einführung eines BGE eine Revolution. Auch die Befürworter nehmen Begriffe wie Freiheit, Macht und Demokratie in den Mund, die das gegenwärtige Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell vom Kopf auf die Füße stellen würden. Keine schlechte Hommage an Karl Marx zu seinem 200. Geburtstag.
Allerdings wird übersehen, dass sich die Welt beständig weiter entwickelt (hat). Nicht einmal wird im Film auf die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen eingegangen und die Notwendigkeit, unseren Verbrauch derselben bedeutend zu verringern – vor allem in den westlichen Industrienationen.
Der Film stellt zu wenige Fragen
Denn genügend Geld, wie Götz Werner im Film sagt, um das BGE zu finanzieren, ist vorhanden. Aber ob genügend Güter für alle – mit oder ohne Grundeinkommen – bei gleichbleibendem Verbrauch (dauerhaft) zur Verfügung stehen, darf nach heutigem Wissensstand bezweifelt werden.
Und auch das Thema Globalisierung bleibt seltsam außen vor. Welche Fluchtbewegungen ein Bedingungsloses Grundeinkommen beispielsweise in Deutschland nach sich ziehen würde, mag man sich nach den Migrationserfahrungen der vergangenen zwei Jahre gar nicht vorstellen.
Und die Abschottungsbemühungen ebenfalls nicht. Klar ist doch, dass, "wenn diese Idee", wirklich "die Massen ergreift", weltweit Grundeinkommen eingeführt werden müssten und das wäre dann wirklich die Umsetzung einer Utopie.
Astrid Priebs-Tröger