Kraftvolle Reminiszenzen
Die Doppelausstellung "Stefan Eisermann und Potsdamer Weggefährten 1+2" ist ein kuratorischer Glücksfall. In der Galerie "Gute Stube"des Potsdamer Kunstvereins sind neben neun Werken Eisermanns noch 16 weitere von Weggefährten des Künstlers, der erst 1985 nach Potsdam kam und hier vierzehn intensive Schaffensjahre bis zu seinem frühen Tod verbrachte, ausgestellt.
Schräg gegenüber in der ae-Galerie in der Charlottenstraße 13 finden sich neben Eisermanns berühmten Herzmotiv (Vier Herzen von 1996) über zwei Dutzend Werke von fünf Künstler:innen, die ihm sehr nahe standen, darunter seine Schwester Irene Dietrich und deren Mann Harry Mohr. Wenn man die beiden Galerien nacheinander besucht, kann man die intensiven Vorwende- und Nachwendejahre in Potsdams Kunstszene hautnah spüren und vor allem energetisch wiederaufleben lassen.

Zuerst in der "Guten Stube", wo Eisermanns unbedingtes Ankommen in Potsdam nacherlebbar wird, vor allem in der kongenialen Zusammenarbeit mit damaligen Chefbühnenbildner Frank Hänig, in Produktionen wie "Der Drache" (1988/Regie: Gert Jurgons) und "Baal" (1988/Regie: Bernd Weißig).
Eisermann, der am Hans Otto Theater eigentlich als Requisiteur arbeitete, tauchte hier tief in die künstlerischen Prozesse ein und schuf dazu kraftvolle eigenständige Werke, die man jetzt noch einmal im Zusammenspiel mit den damaligen analogen Bühnenbildmodellen und ausgefeilten Ausstattungsdokumentationen auf sich wirken lassen kann.
Und es wird nachfühlbar, welch ein vitaler kultureller Mittelpunkt das Hans Otto Theater damals in der Stadt war und wie sehr es unter anderem Bildende Künstler wie Stefan Eisermann in seinen Bann zog.
In der ae-Galerie stellen neben Stephan Velten und Lothar Krone drei sehr unterschiedliche Weggefährtinnen Stefan Eisermanns aus. Gleich im Fenster sind die wunderbaren Stoffcollagen seiner Schwester Irene Dietrich zu sehen, die ihn nach Potsdam holte und auch in die hiesige Kunstszene einführte.
Olga Maslo lernte Eisermann in der privaten, 1990 gegründeten Dachboden-Galerie "Trapez" kennen, die Arbeiten von ihm auf der ART Frankfurt oder in der CB´S Gallery in New York zeigte. Zwischenzeitlich konnte er Mitte der 1990er Jahre sogar vom Verkauf seiner Werke leben.
Astrid Germos kräftige Glasmalereien sind im Untergeschoss der ae-Galerie präsent und sie scheint ihn, wie auch Lothar Krone, am Lebensende einfühlsam begleitet zu haben, wenn sie im opulenten Ausstellungsflyer erzählt, wie sie versuchten, dem Todkranken Mut zu machen und "sich zu ihm ins Bett gelegt haben".
Diese eindringliche Weggefährten-Ausstellung zeigt vier Jahrzehnte nach Eisermanns Ankommen in Potsdam, die vielfältigen Beziehungen und Verbindungen in der Kunstszene der Landeshauptstadt und das sie bis in die Gegenwart fortbestehen, wie auch auf der gutbesuchten Vernissage zu erleben war.
Die beiden Ausstellungen werden komplettiert durch ein Rahmenprogramm: Am 14. März um 19 Uhr findet ein Vortrag und ein Künstlergespräch mit Klaus Hugler in der ae-Galerie statt.
Am 29. März wird in der Galerie "Gute Stube" um 16 Uhr zu einem Gespräch zwischen dem Bühnenbildner Frank Hänig und dem Theaterwissenschaftler Detlev Schneider eingeladen.
Astrid Priebs-Tröger
"Stefan Eisermann und Potsdamer Weggefährten" vom 15. Februar bis 31. März 2025 mit Werken von: Mike Bruchner, Frank Hänig, Bernd Krenkel, Jörg Schlinke, Karl Wedemeyer, Astrid Germo, Lothar Krone, Olga Maslo, Harry Mohr, Irene Dietrich, Stephan Velten
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