Negative Räume mit rüchsichtslosen Schläfern
Es fiel kein einziges Wort in der schwarzhumorigen Slapstick-Komödie, mit der das 31. Unidram-Festival im t‑Werk eröffnet wurde. Und doch gaben die sechs Akteure der belgisch-britischen "Reckless Sleepers" in "Negative Space" jede Menge Kommentare zu modernen Geschlechterverhältnissen ab.
"Negative Space" kam bereits 2014 zur Premiere und doch entwickelt die bitterböse Farce immer noch einen Sog. In den schmucklosen Wänden eines (Wohn-)Zimmers stehen ein Holzstuhl und eine metallene Stehleiter. Ein Mann im grauen Anzug klettert auf die Leiter und von dort aus auf den schmalen Rand der hohen Zimmerwand. Eine Frau im blauen Kleid reicht ihm, als er oben sitzt, die Leiter und beide verschwinden aus unserem Blickfeld.

Die Frau steht jetzt allein mit erhobenen Armen im Zimmer und man weiß nicht, was als nächstes passiert. Doch plötzlich öffnet sich eine Bodenklappe und heraus kommt ein anderer Mann, während kurz danach die einsame Frau darin kopfüber verschwindet. Schon da spürt man, dass hier kaum etwas nach den gängigen Konventionen funktioniert.
Denn ein ständiges Kommen und Gehen über zwei weitere Bodenklappen setzt ein und alle sechs Akteure in Abendgarderobe – die Männer in grauen Anzügen und die beiden Frauen in Kleidern – verschwinden immer wieder kopfüber in der Versenkung.

Es scheint nicht genug Platz für alle in dem engen Zimmer, das wie eine Guckkastenbühne auf der t‑Werk-Bühne steht, zu geben. Und auch nicht genügend Aus- und Eingänge. Denn plötzlich hat einer der Männer einen Zimmermannshammer in der Hand, mit dem er die ersten Löcher in die dünnen Gipskarton-Wände zu schlagen beginnt. Zwei weitere Männer benutzen eine der Frauen wie einen Rammbock und rennen mit ihr gegen eine Wand an.
Die dabei bedrohlich wackelt und in die im Verlauf der einstündigen Vorstellung mehrere große (Tür-)Öffnungen und viele viele Löcher geschlagen werden. Das kracht und staubt gewaltig und fühlt sich sehr gewalttätig an. Wobei in der meisten Zeit die rohe Gewalt von den Männern ausgeht, während die Frauen eher passiv sind oder als Mittel zum Zweck benutzt werden.

Gegen Ende hin ändert sich auch dies und die beiden Frauen greifen öfter selbst zum Hammer, schlagen die Umrisse von den davor stehenden Männern in den Gipskarton und drücken sie mittels dieser Perforierung einfach aus dem (gemeinsamen) Haus.
Doch neben den beiden Hämmern kommen bald auch ein Dutzend rote Rosen ins Spiel. Aber diese Symbole der Liebe stiften keine solche, sondern nur noch mehr "Verwirrung" – besonders, wenn sie von Mann zu Mann weitergereicht werden.
Alles in allem erscheint es so, dass dieses (gemeinsame) Haus, dass dieser Raum viel zu eng und zu unflexibel für friedliche Koexistenz der Geschlechter ist. Zumal ja seit 2014 auch einige Zeit ins Land gegangen ist und sich die Geschlechterdiskurse weiter aufgefächert haben und die Geschlechter-Dualität längst infrage gestellt wird.
Man wünscht sich nach "Negative Space" einen organischeren, natürlichen Raum in dem nicht rohe Gewalt, sondern dynamisches Fließen, ein steter Wechsel von Werden und Vergehen und vor allem mehr Freundlichkeit herrschen. Und nicht rücksichtslose, unbekümmerte und sorglose Schläfer das Sagen haben.
Astrid Priebs-Tröger
