Die Potsdamer Tanztage sind 5und20
Angefangen hat alles 1991 – in einer baufälligen Brauerei in der Potsdamer Innenstadt. In diesem Jahr feiern die Potsdamer Tanztage ihren 25. Geburtstag. Und es ist kein Ende abzusehen! Dabei ist es für das Team um Festivalleiter Sven Till alles andere als leicht, Jahr für Jahr ein international besetztes, facettenreiches und für breite Publikumsschichten interessantes Programm zusammenzustellen.
Die Potsdamer Tanztage müssen mit einem Fünftel des Budgets ihrer "großen Schwester" – Berlins "Tanz im August" – auskommen und jedes Jahr neu beantragt werden. Dass es dennoch gelingt, im Spannungsfeld von Provinz und Metropole, ein funktionierendes Publikumsfestival zu gestalten, liegt zum Großteil an den Menschen, die sich dieser Aufgabe mit Herzblut verschrieben haben. Zu ihnen gehör(t)en Wolfgang Hoffmann, Sven Till, Sabine Chwalisz, Laurent Dubost und Frauke Niemann.
Die Potsdamer Tanztage sind auch nach einem Vierteljahrhundert kein konzeptionelles Festival geworden. Das Programm speist sich nach wie vor aus den Vorlieben und Entdeckungen der Macher*innen, ihren langjährig gewachsenen internationalen Kontakten.
Es ist beseelt vom Wunsch der Organisatoren, eigene Erfahrungen mit anderen zu teilen und über das Medium Tanz über die gegenwärtige Gesellschaft ins Nachdenken und ins Gespräch zu kommen. So ist es auch kein Wunder, dass im Jubiläumsjahr nicht zuerst das eigene, sondern das 50-jährige Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen Ausgangspunkt der programmatischen Überlegungen war.
Folgerichtig bilden Aufführungen zweier israelischer Künstler, die ästhetisch unterschiedlicher nicht sein könnten, einen thematischen Schwerpunkt des Jubiläumsjahrgangs. Sharon Eyal und Gai Belhar (L‑E-V) werden am 27. und 28. Mai mit der Deutschlandpremiere von "Killer Pig" das Festival im Nikolaisaal eröffnen.
Eine Woche später wird Arkadi Zaides zu Bildern aus Fotoarchiven, die die alltäglichen Auseinandersetzungen mit der palästinensischen Bevölkerung dokumentieren, ein ganz besonderes Solo tanzen. Eyal ist wie Zaides ehemaliges Mitglied der weltbekannten Batsheva Dance Company, die vor über 50 Jahren in Israel gegründet wurde.
Nachdenken über das Hier und Jetzt sowie eine Auseinandersetzung mit dem Thema "Utopie" bilden auch den Schwerpunkt der Aufführung "Gorkij Park 2" der Schwedin Gunilla Heilborn. Sie benutzt den im Kalten Krieg entstandenen US-amerikanischen Thriller gleichen Namens als Steinbruch, um ihre Überlegungen – wie so oft puzzleartig und humorvoll – vorzustellen.
Faszinierende Körperstudien kreieren Jan Martens aus Belgien und der Kanadier Daniel Léveillé. Martens zeigt mit "The dog days are over" eine einstündige Studie mit acht Tänzern, die die ganze Zeit springen und dabei ihr "wahres" Gesicht zeigen werden. Sein Kollege präsentiert die Fortsetzung von "Solitudes Solo"; "Solitudes Duo".
Die Tanztage wären nicht sie selbst, wenn sie sich nicht auch anderen Formaten öffnen würden. Seit einigen Jahren finden Produktionen des "Nouveau Cirque" ein begeistertes Publikum. Diesmal ist der "Cirque Inextremiste" mit "Extrêmités" zu Gast.
Weil die Tanztage ein generationenübergreifendes Publikumsfestival sind, gibt es sowohl Mittanzaktionen als auch Aufführungen, in denen die Zuschauer einmalig zu Akteuren werden. Beim kanadischen "Dance Marathon" von Bluemouth inc., die zum ersten Mal in Deutschland sind, wird dazu Gelegenheit sein.
Astrid Priebs-Tröger
Das Programm des Jubiläumsprogramms findet man unter http://www.potsdamer-tanztage.de/