Vielfalt statt Einfalt!
Sanfte Hügel, saftige Wiesen, Kuckucksrufe und Schäfchenwolken – die Bilder, die in den Anfangseinstellungen von Volker Koepps neuestem Film "Landstück" zu sehen sind, scheinen auf den ersten Blick Idylle pur.
Diese wunderbare uckermärkische Endmoränen- landschaft beschäftigt den Filmemacher schon länger. In "Landstück" hat Koepp, der selbst dort lebt, jetzt seine unmittelbaren Nachbarn zu Wort kommen lassen und vor allem ökologisch wertvolle Biotope – zum Verlieben schön – filmisch eingefangen.
Der alternative Nobelpreisträger Michael Succow lässt den Zuschauer daran teilhaben, wie die Vielfalt eines biologisch bewirtschafteten Getreideackers aussieht. Succow gerät förmlich ins Schwärmen, als er verschiedene Ackerwinden, zwei Mohnsorten und sogar Ehrenpreis zwischen dem Getreide entdeckt.
Doch der sonst so besonnene Mann redet sich sichtbar in Rage, als er neben einer Hühnermastanlage von Wiesenhof steht. Dies ist jedoch die einzige direkte Konfrontation mit der industrialisierten Landwirtschaft und ihren Auswirkungen, die natürlich auch längst die Uckermark erreicht haben.
Bilder von Mais- und Rapsmonokulturen, riesigen Windparks und Biogasanlagen blendet der Film fast völlig aus. Denn Volker Koepp hat eine andere Intention. Er will, ähnlich wie Bertram Verhaag in seiner Dokumentation „Der Bauer und sein Prinz“ zeigen, was wir verlieren, wenn die hochindustrialisierte Landwirtschaft gänzlich die Überhand gewinnt.
Eine Produktionsweise, die nur nimmt und mit viel Energie von außen immer höhere Erträge aus dem Boden, den Tieren und auch den Menschen presst. Und in deren Gefolge Bodenspekulation und Landgrabbing und wiederum in deren Folge Landflucht und Verödung ganzer Landstriche massiv zunehmen.
Das alles spüren die Menschen, die (noch) auf dem Land leben und arbeiten ganz direkt. Die, die Volker Koepp vor seine Kamera holt, berichten vor allem von ihrer engen Verbundenheit mit dem, was sie dort tun und einer (ererbten) Verantwortlichkeit für die Nachgeborenen. Sie wirken beneidenswert authentisch und mit sich im Reinen.
Koepps Film wird so zum anrührenden Lobgesang auf die, die Widerstand leisten gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft und damit gegen die Zerstörung einer, über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft. Denn, ein Landschaftsbild ist immer auch ein Weltbild, wie einer der Protagonisten im Film sagt.
Auch in diesem Sinne haben wir als Konsumenten die Wahl: Denn regionale Vielfalt statt industrieller Einfalt auf unseren Tellern bedeutet letztendlich kulturelles Engagement. Wir haben es – zumindest teilweise – selbst in der Hand, in einer, alle Sinne berührenden Kulturlandschaft oder in einer monokulturellen Energiesteppe zu leben. Unseren Kindern und Enkel*innen sind wir erstes jedenfalls schuldig.
Astrid Priebs-Tröger