Willkommen auf Deutsch

In die­ser Woche habe ich zwei Doku­men­tar­fil­me zur aktu­el­len Flücht­lings­si­tua­ti­on in Deutsch­land gese­hen. Einer heißt "Dunk­les Deutsch­land" und der ande­re "Will­kom­men auf Deutsch". Beim ers­ten fühl­te ich mich beklom­men und wütend und beim zwei­ten berührt und ermu­tigt. Und das kam so.

Bei­de Fil­me beschrei­ben die aktu­el­le Situa­ti­on: Immer mehr Asyl­su­chen­de kom­men nach Deutsch­land und müs­sen unter­ge­bracht und inte­griert wer­den. Mög­lichst weit weg vom jewei­li­gen Stadt­zen­trum. Doch wenn neben dem Eigen­heim plötz­lich Unter­künf­te wie Pil­ze aus dem Boden wach­sen, zeigt sich (bei fast allen), wes Geis­tes Kind sie/wir sind.

Die "Angst vorm schwar­zen Mann" geht um in Deutsch­land – sowohl im Osten als auch im Wes­ten. In Ost­deutsch­land gehen Tau­sen­de auf die Stra­ße und kot­zen sie laut her­aus – so zei­gen es jeden­falls "Dunk­les Deutsch­land" von Jo Goll, Tors­ten Man­dal­ka und Olaf Sun­dermey­er und die Pegi­da-Auf­mär­sche in Dres­den und anderswo.

Im bür­ger­li­chen Wes­ten grün­den Anwoh­ner hin­ge­gen eine Bür­ger­initia­ti­ve gegen "Über­frem­dung" und set­zen den Land­rat öffent­lich unter Druck, so zeigt es der Film "Will­kom­men auf Deutsch". Als das alles nichts hilft, wird ein Anwalt bemüht, der zumin­dest bau­recht­lich das Schlimms­te – "53 Schwarz­afri­ka­ner" – ver- hin­dern kann.

Dass Appel im Land­kreis Har­burg dann doch zehn Asyl­be­wer­ber auf­nimmt, ist ein klei­nes Hap­py End. Aber nicht die eigent­li­che Qua­li­tät des "Will­kom­men auf Deutsch"-Filmes von Cars­ten Rau und Hau­ke Wendler.

Denn anders als die "DunkelDeutschland"-Doku zeich­net er kein Schwarz-Weiß-Bild, son­dern lässt alle Betei­lig­ten zu Wort kom­men und das ist gut so! Denn Ängs­te müs­sen aus­ge­spro­chen wer­den dür­fen, auch um zu ver­hin­dern, dass Hei­me bren­nen. Und Kom­pro­mis­se sind (oft) machbar.

"Will­kom­men auf Deutsch" zeigt noch etwas unge­schönt: die deut­sche Büro­kra­tie mit ihren Vor­schrif­ten, dem distan­zier­ten Amts­deutsch und einem nor­mier­ten Erst­aus­stat­tungs­set. Da läuft es einem schon mal kalt den Rücken herunter.

Warm ums Herz dage­gen wird es, wenn Men­schen sich enga­gie­ren und prag­ma­tisch das Ein­fa­che und Nahe­lie­gen­de tun. Wie die 80jährige Frau aus Appel, die ganz selbst­ver­ständ­lich die fünf tsche­tsche­ni­schen Kin­der betreut, als deren Mut­ter mona­te­lang ins Kran­ken­haus muss oder der Bau­un­ter­neh­mer aus Mei­ßen, der trotz vor­he­ri­gem Brand­an­schlag (s)ein Haus für syri­sche Flücht­lings­fa­mi­li­en bereitstellt.

Und der somit der media­len, ver­ein­fa­chen­den schwarz-weiß-Male­rei eben­falls etwas ent­ge­gen­set­zen kann. Das ist wich­tig in die­ser Zeit, damit die Kanz­le­rin mit ihrem "Wir schaf­fen das!" recht behal­ten kann.

Inso­fern wäre es jetzt sehr wich­tig, end­lich die alten Ost-West-Ste­reo­ty­pe ad acta zu legen. Und im Osten gera­de dahin zu schau­en, wo etwas gut läuft – nach Pots­dam bei­spiels­wei­se – und das auch bun­des­weit publik zu machen.

Astrid Priebs-Trö­ger

 

"Will­kom­men auf Deutsch" http://www.willkommen-auf-deutsch.de/

"Dunk­les Deutsch­land" unter https://www.youtube.com/watch?v=OITH-rth09A

14. Oktober 2015 von Textur-Buero
Kategorien: Allgemein, Alltagskultur, Film | Schreibe einen Kommentar

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