Verbunden bleiben!

Für die Pots­da­mer Tanz­päd­ago­gin und Cho­reo­gra­fin Mari­ta Erx­le­ben soll­te 2020 eigent­lich ein/ihr "Traum­jahr" wer­den. Statt­des­sen stell­te sie schon vor dem eigent­li­chen "Lock­down" fest, dass ver­stärk­te Abgren­zung und "Social distancing" um sich griffen.

Dage­gen woll­te sie unbe­dingt etwas tun. Doch was soll­te das sein, als alle drei Stand­or­te ihrer Tanz­aka­de­mie in Pots­dam geschlos­sen und die Pro­ben und Auf­füh­run­gen für das jähr­lich statt­fin­den­de Som­mer­mär­chen im Hans Otto Thea­ter abge­sagt wer­den mussten?

Mari­ta Erxleben

Anfangs hat­te Mari­ta Erx­le­ben mehr als genug zu tun, um ihre mehr als 750 Tan­ze­le­ven tages­ak­tu­ell zu infor­mie­ren und die 20 Hono­rar­kräf­te zumin­dest mora­lisch zu unter­stüt­zen. Erx­le­ben spür­te, dass Kin­dern und Erwach­se­nen die meis­ten gewohn­ten Struk­tu­ren abrupt weg­bra­chen. Sie ver­such­te mit Unter­stüt­zung eini­ger ihrer Lehrer*innen fie­ber­haft, zumin­dest einen Teil der Kur­se – auf einer Extra-Coro­na-Sei­te – zu strea­men und ins Netz zu stellen.

Rich­tig glück­lich war sie damit nicht. Schließ­lich erin­ner­te sie sich an ein Tele­fo­nat mit dem AWO-Bezirks­ver­band Pots­dam, das kurz vor dem all­ge­mei­nen Still­stand statt­fand. "Ich mache mir Sor­gen um die Kin­der in den Plat­ten­bau­wohn­ge­bie­ten", hat­te AWO-Che­fin Ange­la Schweers da gesagt, "denn die dür­fen dann nicht raus".

Nach einem wei­te­ren Tele­fo­nat war klar, dass sie gemein­sam etwas auf die Bei­ne stel­len wür­den. Die AWO orga­ni­sier­te  kurz­fris­tig eine Finan­zie­rung über "Akti­on Mensch" und Mari­ta Erx­le­ben das Pro­gramm. Erx­le­ben stell­te meh­re­re Teams  und ein 30-minü­ti­ges (Mit­mach-) Pro­gramm zusam­men und dann ging es am 8. April los.

Drei Wochen lang zogen sie jeden Tag durch die Pots­da­mer Neu­bau­ge­bie­te. Sie waren am Schla­atz, am Stern, in Dre­witz, in der Wald­stadt und in Born­stedt und auch im Flücht­lings­heim am Ler­chen­steig. "Es war toll", sagt Mari­ta Erx­le­ben, die fast jedes Mal – trotz gebro­che­ner Schul­ter – mit dabei war.

Denn die Päd­ago­gin woll­te ihre Trainer*innen nicht nur mora­lisch unter­stüt­zen, son­dern ihnen auch Tipps mit­ge­ben, wie man/frau sich in die­ser unge­wohn­ten Open-Air-Situa­ti­on noch wir­kungs­vol­ler prä­sen­tie­ren kann. Schließ­lich ging es dar­um, so vie­le Men­schen aller Alters­klas­sen wie mög­lich zu errei­chen, von denen die wenigs­ten Tanz­er­fah­run­gen hatten.

Die Teilnehmer*innen soll­ten natür­lich auf ihren Bal­ko­nen blei­ben und trotz­dem ihren Spaß haben. Mit­hil­fe einer Anla­ge, die jedes Mal auf einem Rad der Pots­da­mer Las­ten­fahr­rad­flot­te trans­por­tiert wur­de, und einem knal­li­gen "Auf­wär­mer"   wur­den Jung und Alt zum Mit­ma­chen bei ver­schie­dens­ten Bewe­gungs­spie­len ani­miert. Zum Schluss wur­de "Hap­py" von Pha­r­all Wil­liams (gemein­sam) intoniert.

Und hap­py waren sehr vie­le über die­se lebens­fro­he Akti­on und Mari­ta Erx­le­ben konn­te gar nicht so weni­ge ihrer Tanzelev*innen auf den Bal­ko­nen ent­de­cken und begrü­ßen. Ihr kam die Idee, da vie­le ihre täg­li­chen Übun­gen wegen Platz­man­gel in der Woh­nung auf den Bal­ko­nen machen muss­ten, in Ber­lin einen gro­ßen Tanz­tep­pich zu besor­gen. Den sie dann in klei­ne­re Stü­cke zer­schnitt und ihren Schüler*innen anbot.

Dabei fiel ihr auch auf, dass wäh­rend des gesam­ten Lock­downs die Neu­bau­vier­tel – im Gegen­satz zur Pots­da­mer Innen­stadt – wirk­lich wie aus­ge­stor­ben wirk­ten und die meis­ten Kin­der sich drin­nen beschäf­ti­gen muss­ten. Erx­le­ben erar­bei­te­te dar­auf­hin auch noch einen Online-Stun­den­plan für sie, damit nicht alle Rou­ti­nen auf­ge­ge­ben wer­den mussten.

Inzwi­schen sind nach den ers­ten Locke­run­gen auch die Stu­di­os der Tanz­aka­de­mie Erx­le­ben wie­der geöff­net. Viel ver­än­dert hat sich in den tech­ni­schen Abläu­fen nicht, denn "wir haben schon immer auf Abstand" trai­niert, "damit man die Bei­ne der/des ande­ren nicht an den Kopf kriegt", sagt Erx­le­ben. Doch die Grup­pen dür­fen sich jetzt nicht mehr mischen und müs­sen auch vor und nach dem Trai­ning Abstand halten.

Das dies­jäh­ri­ge Som­mer­mär­chen "Der gehei­me Gar­ten" hat Mari­ta Erx­le­ben indes auf 2021 ver­scho­ben, wenn hof­fent­lich der Saal des Hans Otto Thea­ters wie­der voll – mit 450 statt 90 Plät­zen – bespielt wer­den kann. Und für Mari­ta Erx­le­ben selbst gibt es auch einen Hoff­nungs­schim­mer am eige­nen Kunst-Hori­zont. Ihre Zusam­men­ar­beit mit dem Thea­ter Bre­genz wird nun wahr­schein­lich doch wie geplant ab Anfang August 2020 stattfinden.

Wie die "Mit/Nach-Corona"-Zeit für ihre Tanz­aka­de­mie (finan­zi­ell) aus­ge­hen wird, weiß sie noch nicht. Erx­le­ben will sich jetzt schnell um Sti­pen­di­en­mög­lich­kei­ten für Kin­der aus Fami­li­en küm­mern, wo die Eltern in Kurz­ar­beit oder durch "Coro­na" arbeits­los gewor­den sind. Sie selbst hat wäh­rend des Lock­downs die Coro­na-Sofort­hil­fe bekom­men und die Pots­da­mer Schau­spie­le­rin Nina Gum­mich spen­de­te ihr ihre letz­te Gage.

Astrid Priebs-Trö­ger

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Tanz­aka­de­mie Erx­le­ben fin­den Sie hier: https://tanzakademie-erxleben.de/

 

 

 

19. Juni 2020 von Textur-Buero
Kategorien: Allgemein, Kranz oder Krone? | Schlagwörter: , , , , , | 2 Kommentare

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