The show must go on
Dass sie bereits seit zwanzig Jahren gemeinsam auf der Bühne stehen, ist den beiden Artistinnen Lotta Paavilainen und Stina Kopra auf den ersten Blick nicht anzusehen. Doch in ihrer sehr humorvollen Erinnerungs-Revue "20 Years Later, Still Here!" wird sehr schnell klar, wie gut sie einander kennen und wie sehr sie aufeinander eingespielt sind.
Auch wenn die ersten Minuten am Rola-Bola-Balancebrett fast wie Anticircus wirken, weil nun wirklich überhaupt nichts klappt, weder eine von ihnen darauf sicher zu stehen kommt, noch die andere die Balance zu halten vermag. Stattdessen kippen sie runter, kriegen wechselseitig das Brett an den Kopf und schauen der davonrollenden Rolle hinterher.

Perfektion und jahrzehntelange Erfahrung sehen anders aus! Aber es ist die clowneske Grundidee von "20 Years Later, Still Here!", das beim Wintercircus im T‑Werk aufgeführt wurde, neben Höhen und Tiefen auch und immer wieder das gemeinsame "Scheitern" zu zeigen und den gemeinsamen Versuch, "Perfektion" zu erreichen.
Diese Begriffe stehen hier in Anführungszeichen, weil beides immer auch eine Frage der Perspektive ist. Der Perspektive derjenigen, die es "erleiden" und die ihrer Zuschauer: innen in diesem Prozess.
Bei "Lotta & Stina" sieht man/frau vor allem eine starke weibliche Solidarität, aber auch einige Animositäten und man/frau kommen nicht umhin, ihre wunderbare Kraft und ihr absolutes aufeinander Eingespieltsein zu bewundern.

Ganz herrlich bei der wackeligen Ankleidenummer auf ihrem Rollbrett, das nicht einmal einen Quadratmeter groß und ständig in Bewegung ist. Und doch schaffen sie es, darauf stehend in ihre rosa und hellblauen Dresses und die hochhackigen Schuhe zu schlüpfen – mit großer Achtsamkeit und Unterstützung der jeweils anderen.
Genau diese kommen auch bei ihren exzellenten Akrobatiknummern immer wieder zum Tragen. Die beiden Finninnen, die in ganz Europa touren und einige Preise bekamen, erzählen aber auch von den Schattenseiten der glitzernden Artistik-Welt.

Beispielsweise, wie schwierig es ist, für weibliche Artistinnen selbst Mutter zu werden oder sich in der Showbiz-Welt gegen sexuelle Übergriffe von Männern zur Wehr zu setzen. Da bleibt einem das Lachen buchstäblich im Hals stecken.
Und sie zeigen auch, dass hinter der glitzernden, leichten Fassade jede Menge körperliche Blessuren – ähnlich wie beim Spitzensport – stecken und sich frau trotz zahlreicher Verletzungen doch immer wieder ins Rampenlicht stellt. Nicht weil der große Verdienst, sondern vor allem das Glück der Zusammenarbeit und der (gegenseitigen) Resonanz als wahrer Lohn winken.
Astrid Priebs-Tröger