An ihr bleibt alles hängen
In einer Küche mit schwarz-weiß gekacheltem Fußboden, in der Radiomusik dudelt und eine rotgekleidete Frau mit Töpfen und Pfannen hantiert, spielt die neueste Performance von Maren Strack, die jetzt in der Potsdamer fabrik uraufgeführt wurde.
Ein schlankes Wesen, das zahlreiche geflochtene Zöpfe als Affenschaukeln am Kopf trägt, und munter polnisch plaudert, backt dort Plinsen. Es klappert, dampft und duftet und allmählich läuft einem das Wasser im Munde zusammen.
Doch nicht ihre Kochkünste oder ihre Gastfreundschaft will die Bildende Künstlerin Maren Strack hier präsentieren, sondern die Performerin aus Birkenwerder interessiert sich wie schon so oft für die unbelebten Dinge (früher: Ytong-Steine, Autoteile oder Zelte), die sie umgeben und die auch in "Frauen am Herd" ein besonders klangvolles Eigenleben entwickeln.
Zwei beweglich gelagerte Metallwände nehmen die Kelle, Pfannen und Messer auf, die Strack wie eine Messerwerferin im Zirkus dorthin wirft. Und die die magnetischen Wände immer wieder aus dem Gleichgewicht bringen. Nach der ganzen Kocherei zieht sie abrupt den Stecker vom Herd und räumt, ganz umsichtige Hausfrau, gleich noch die Küche auf.
Auch hierbei zeigt sie ihr Talent für Material-Improvisation. Mit in Kreuzform gebundenen Bürsten, die sie unter ihre Plateauschuhe klemmt, steppt sie auf dem leeren Kochfeld und dreht dabei zwischen ihren Händen einen Reisigbesen, ganz wie eine Hexe oder auch Priesterin aus dem Märchenbuch.
Auf dem Höhepunkt liegt sie am Boden, dabei heften sich runde Bleche via Magnetismus an ihren Oberkörper und bedecken sie nach und nach fast wie eine Rüstung.
Das "weiche" Weibliche verbindet sich hierbei spielerisch mit dem "harten" Männlichen und zeigt nicht nur in diesem Bild, dass "Hausarbeit" die ganze Frau erfordert und oft harte Arbeit ist, der frau buchstäblich mit Haut und Haaren verbunden ist.
Strack zeigt in "Frauen am Herd" – das ist ein ikonografisches Motiv, das sich durch die Menschheits- und Kulturgeschichte zieht – viele Facetten dieser tradierten Rolle: die Hüterin des Feuers, die Nährerin der Familie, die triumphierende Hexe und die Kämpferin.
Das ist einerseits wunderbar, weil heutzutage Hausarbeit manchmal einseitig verteufelt wird. Und das Ursprüngliche, Vielfältige, Kreative und Kraft‑, Macht- und Lustvolle dieser Arbeit auch durch Elektrifizierung und Fertignahrung endgültig verloren gegangen scheint. Welche Magie sie (auch) entwickeln kann, ist bei Strack mit schrägem Humor und magnetischer Anziehungskraft ersichtlich.
Andererseits wird in "Frauen am Herd" ungemein augenfällig, dass (Geschlechter-)Rollen immer gesellschaftliche Zuschreibungen sind. Ein Kritiker-Kollege sah Strack auch als Nachfahrin von Vestalinnen, die ja bekanntlich Jungfrauen bleiben mussten, um das heilige Feuer zu hüten. Die Performerin entledigt sich am Ende einfach alles dessen, indem sie ihr (Arbeits-) Magnetkleid ablegt und die haarige Verbindung zu ihren Küchenutensilien augenzwinkernd durchtrennt.
Astrid Priebs-Tröger
Die Arbeit an diesem Artikel wurde "gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Programm NEUSTART KULTUR, [Hilfsprogramm DIS-TANZEN/ tanz:digital/ DIS-TANZ-START] des Dachverband Tanz Deutschland."