Blick zurück und voraus
100 Jahre Bauhaus, 200. Fontane-Geburtstag, Digitalisierung, Klimakrise und Neue Rechte. Themen, die 2019 gesellschaftlich relevant waren, fanden auch in den Produktionen der freien Theaterszene Potsdams ihren Niederschlag.
Während das Fontane-Jubiläum kaum eine Rolle spielte, standen die Potsdamer Tanztage (erstmals) unter dem/einem Motto: "dancing future. Fokus Bauhaus100" und spürten den Einflüssen der Bauhauspraktiken und ‑methoden auf den Tanz bis in die Gegenwart nach. Sie präsentierten neben der prachtvollen Rekonstruktion des "Triadischen Balletts" von Oscar Schlemmer auch die großartige Hommage "Formas Breves" der Brasilianerin Lia Rodrigues.
Das Thema Digitalisierung bildete hingegen so etwas wie eine Jahresklammer. Bei "Made in Potsdam" präsentierten Malgven Gerbes und David Brandstätter ihr kollaboratives Projekt "Feeding Back", während "Kombinat" am Jahresende mit "Lost in formation" – analogen Tanz hinter medialem Schleier aufführte. Beides Versuche, künstlerisch und emotional die technisch und sozial immer komplexer werdende (digitale) Gegenwart zu erhellen.
Die "Regentrude", die im Sommer im T‑Werk aufgeführt wurde, versuchte die Klimakrise mit einer poetischen Erzählung zu durchdringen, dabei ihr vorwiegend kindliches Publikum nicht zu verängstigen, sondern zu ermutigen sich dagegen zu verbünden. "Fridays for future" war auch das Thema des inzwischen zum 9. Mal stattfindenden Improtheaterfestivals.
Von Unidram blieb die finnische Produktion "Invisible lands" über weltweite Fluchtbewegungen, die einem darin buchstäblich auf den eigenen Leib gerückt wurden, besonders in Erinnerung. Genauso wie das interaktive Hörstück "Rausch und Zorn" des Berliner Künstlerkollektivs LIGNA, das ähnliche Emotionen wie zur Entstehungszeit des (italienischen) Faschismus in den Teilnehmern erweckte und damit Parallelen in die Gegenwart schlug. Last but not least: die fabrik bekam am Jahresende den Deutschen Theaterpreis, mit dem ihr Projekt "Explore dance" – Tanz für junges Publikum ausgezeichnet wurde.
Alles in allem: Ein hochspannendes und produktives Jahr für Potsdams freie Theaterszene, zu dem auch die nachklingenden Inszenierungen des Brecht-Stücks "Leben Eduards des Zweiten von England" vom Neuen Globe oder "Romeo und Julia" vom Poetenpack zählen. Mit Spannung erwartet: im kommenden Jahr das 30-jährige fabrik-Jubiläum. Los geht es jedoch traditionell mit "Made in Potsdam" und der neuen Reihe "Winterzirkus" vom T‑Werk, die bereits ab 3. Januar 2020 mit internationaler Zirkuskunst in die Schiffbauergasse einlädt.
Astrid Priebs-Tröger