Kooperation statt Konkurrenz

Der Eröff­nungs­abend der 26. Pots­da­mer Tanz­ta­ge ließ einem das Herz weit auf­ge­hen. Denn er zeig­te artis­tisch und phi­lo­so­phisch, ein­dring­lich und humor­voll, was das Mensch­sein wirk­lich ausmacht.

Und genau die­se kla­ren, posi­ti­ven und zudem poe­ti­schen Bil­der braucht es, um gegen­wär­tig nicht an der Zer­ris­sen­heit der Mensch­heit zu verzweifeln.

Anfangs bal­gen sich die 20 Artist*innen der fran­zö­si­schen Cir­cus-Com­pa­gnie XY wie Hun­de auf der Stra­ße.  Kampf und Kon­kur­renz ist ange­sagt; die Kraft­an­stren­gung inklu­si­ve Gewalt und Keu­chen ist real.

Potsdamer Tanztage_2016

CIE XY / Foto: Chris­to­phe Renaud de Lage

Doch wenig spä­ter wan­delt sich das Bild: Wenn man(n) oder frau hoch hin­aus will, dann geht das nur gemein­sam. Und hoch hin­aus wol­len sie: "XY" sind beseelt davon, so vie­le Men­schen wie mög­lich über­ein­an­der zu stel­len. Bald sind das drei oder vier und am Ende – Cha­peau! – sogar fünf Personen.

Die­se artis­ti­sche Meis­ter­schaft und Prä­zi­si­on ist es aber nicht (nur), die die­sen Abend so sehens­wert macht. Denn das kön­nen eini­ge ande­re auch.

Potsdamer Tanztage_2016

CIE XY / Foto: Chris­to­phe Renaud de Lage

Bei­spiel­haft ist, wie die Fran­zo­sen das machen. Denn die Frau­en und Män­ner phi­lo­so­phie­ren das gan­ze Stück hin­durch, was Gemein­schaft aus­macht, was sie trennt bezie­hungs­wei­se zusam­men­hält. Ernst­haft, spie­le­risch und immer wie­der mit einem Augenzwinkern.

Wun­der­bar berüh­rend sind vor allem die Sze­nen im ers­ten Drit­tel der Auf­füh­rung, die den spre­chen­den Titel "Il n‘est past enco­re minuit" – "Es ist noch nicht Mit­ter­nacht" trägt.

Da ste­hen still im Halb­dun­kel zehn Paa­re neben- und über­ein­an­der. Lang­sam grei­fen sie sich bei den Hän­den und bil­den einen Kreis. Das ist eine wun­der­ba­re "sozia­le" Plas­tik. Sie ermög­licht schließ­lich ein tän­ze­risch-spie­le­ri­sches Expe­ri­ment, an dem alle – Artist*innen und Zuschauer*innen – Spass haben.

Potsdamer Tanztage_2016

CIE XY / Foto: Chris­to­phe Renaud de Lage

Am Ende gab es minu­ten­lan­ge ste­hen­de Ova­tio­nen im bis auf den letz­ten Platz besetz­ten Hans Otto Thea­ter und ein berühr­tes Publi­kum, das die­se fro­he und ermu­ti­gen­de Bot­schaft wahr­schein­lich nicht so schnell ver­ges­sen wird.

Astrid Priebs-Trö­ger

Wei­te­re Auf­füh­run­gen von ande­ren Neu­en Cir­cus-Com­pa­gni­en wie EA EO oder Com­pa­gnie De FRACTO wer­den in den kom­men­den Tagen zu sehen sein.

26. Mai 2016 von Textur-Buero
Kategorien: Allgemein, Alltagskultur, Tanz | Schlagwörter: , | Schreibe einen Kommentar

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