Es lebe die Vielfalt!

Sams­tag­abend: Effekt­vol­les Fina­le bei UNIDRAM, das ich mit drei von den ins­ge­samt acht Auf­füh­run­gen, die par­al­lel lie­fen, erleb­te. (M)eine Mischung: Akhe mit "Dik­ta­tur", Simon May­er mit "Oh Magic" und "La Pen­due" mit "Tria Fata" zeig­te deut­lich, zwi­schen wel­chen Polen sich das über­aus schil­lern­de Jubi­lä­ums­fes­ti­val bewegte. 

(Poli­ti­sche) Per­for­mance neben Mensch-Maschi­ne-Musik­zir­kus und Figu­ren­thea­ter mit Live­mu­sik. Und auch an die­sem letz­ten Tag war das Publi­kum in sei­nen Reak­tio­nen – wie so oft – gespal­ten. Jubel auf der einen, Ver­las­sen der Vor­stel­lung auf der ande­ren Seite.

Immer wieder: Gegensätzliche Publikums- reaktionen

Doch der Rei­he nach. Akhe zeig­te nach der Per­for­mance "Demo­kra­tie" – in der drei Män­ner in  Ölfäs­ser stie­gen – jetzt deren ver­geb­li­chen Ver­such, in ihrem unter Was­ser ste­hen­den Haus irgend­wie tro­cke­nen Boden unter die Füße zu krie­gen. Statt Brü­cken zu bau­en, wer­den die Holz­lat­ten gen Him­mel gereckt, um dann schwarz bekle­ckert, paar­wei­se zusam­men­ge­bun­den, und ent­spre­chend gedehnt, sti­li­sier­te weib­li­che Geschlechts­tei­le () darzustellen.

Akhe, Dik­ta­tur, Foto: Nick V. Demented

In denen es sich die Her­ren "bequem" zu machen ver­su­chen, bis das alles kra­chend aus­ein­an­der­bricht bzw. von ihnen selbst wütend zu Klein­holz ver­ar­bei­tet wird. Mut­ter­see­len­al­lein har­ren die drei, auf das, was kom­men mag. Nicht ohne sich  immer wie­der selbst zu erhö­hen oder als "Füh­rer­fi­gur" zu posie­ren. Ein fla­ckern­des Feu­er erleuch­tet ihre chao­ti­sche "Höh­le", in die jetzt zusätz­lich Was­ser und jede Men­ge Schaum ein­tritt, der bedroh­lich höher und höher steigt.

Plakative Bilder

Das Publi­kum in der Wasch­haus-Are­na ist fas­zi­niert von sol­chen pla­ka­ti­ven Bil­dern. Letzt­lich wird das "Haus" von den Her­ren selbst und einer Schar los­ge­las­se­ner Jugend­li­cher ein­ge­ris­sen. Gro­ßer Jubel! Und jede Men­ge befrei­te Ener­gie. Alle Gren­zen sind weg. Doch was unter dem gan­zen Schaum/Chaos her­vor­ge­holt und tri­um­phie­rend auf­ge­rich­tet wird, erstaunt dann doch: Ein rie­si­ger fünf­za­cki­ger Stern – das Sym­bol der ehe­ma­li­gen Sowjetmacht?!

Simon May­er, Oh Magic, Foto: C. Lessire

Nicht weni­ger sen­sa­tio­nell, aber lei­der wenig magisch, ist dann die Show von Simon May­er in der fabrik. Hier soll­te die Her­kunft des Tan­zes und des Thea­ters aus dem Ritu­al beschwo­ren wer­den. Robo­tik, Tanz, Musik und Gesang und visu­el­le Kunst soll­ten in ein Gesamt­kunst­werk vol­ler trance­ar­ti­ger Eksta­se münden.

Was so voll­mun­dig ver­spro­chen wur­de, setz­te sich für mich nicht um. Auch ein Dut­zend Zuschau­er ver­ließ vor­zei­tig die glei­ßen­de Show. Zwar wur­den vie­le (Kunst-)Register gezo­gen, doch als sich die Akteu­re die Klei­der vom Lei­be ris­sen und sich nackig die See­le aus dem Leib zu tan­zen ver­such­ten, sprang der Fun­ke nicht wirk­lich über.

La Pen­due, Tria Fata, Foto: Vir­gi­nie Meigné

Das war in "Tria Fata", der letz­ten Vor­stel­lung am Sams­tag­abend, nach weni­gen Sekun­den der Fall. Der Mul­ti­in­stru­men­ta­list – Akkor­de­on, Kla­ri­net­te, Saxo­phon, Per­cus­sion – Mar­tin Kas­par Läuch­li nahm mich genau­so wie die groß­ar­ti­ge Pup­pen­spie­le­rin Estel­le Char­lier mit auf eine "Rei­se, bei der es um Leben und Tod ging".

Geschichten von Leben und Tod

Viel­fäl­tig in den  Mit­teln – von Pup­pen- über Schat­ten­thea­ter bis hin zu Pro­jek­tio­nen – von herz­be­rüh­ren­der, hand­ge­mach­ter Musik und wun­der­bar lebens­pral­len und gleich­zei­tig poe­ti­schen Tex­ten.  Und der Witz und die Chuz­pe die­ser alten Frau, die dem vor der Tür ste­hen­den Tod zuerst ihre bei­den Bei­ne opfert, um vor dem end­gül­ti­gen Abgang noch ein letz­tes bzw. ers­tes Mal ihre Lebens­ge­schich­te erzählt. Und dabei so leben­dig wird – wie viel­leicht nie­mals zuvor!

Was für eine Tie­fe, Leich­tig­keit und wun­der­ba­re (Theater-)Seele bei die­sen bei­den jun­gen Fran­zo­sen,  die ich sicher nicht nur ich bei UNIDRAM unbe­dingt wie­der­se­hen möch­te! Au revoir, Madame et Mon­sieur la mort!! Dan­ke UNIDRAM für das rau­schen­de (Geburtstags-)Fest – und bis zum nächs­ten Jahr!!!

Astrid Priebs-Trö­ger

04. November 2018 von admin
Kategorien: Allgemein, Theater | Schlagwörter: , , , , | Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert