Gelebte Vielfalt
Pink, gelb, lila, türkis oder grün sind die T‑Shirts, die die kleinen und großen Artisten im Circus Montelino tragen. Doch abgesehen von dieser Farbvielfalt wird im Circus (-leben) Diversity sowieso groß geschrieben.
Das merkte man schon in der ersten Szene des Programms "Farben", das am vergangenen Wochenende zur Aufführung im roten Zelt im Buga-Park gelangte. Denn Vorschulkinder und (ihre) Eltern nahmen die kreisrunde Arena gemeinsam in Beschlag.
Normalerweise bleiben Eltern als Beobachter oder Helfer*innen im Hintergrund, aber hier dachte man sich, wenn sie während der Proben schon da sind, können sie auch mitmachen. Was den Zuschauer*innen zeigt, dass es gar nicht so einfach ist, sich zum ersten oder wiederholten Mal der Bewegungskunst zu verschreiben. Manche von den Großen schaffen es sogar, aufs Einrad zu steigen.
Und erst die "Kleine Rollstuhlfahrerin". Jemand wie sie hat "normalerweise" kaum die Chance, an sportlichen Aktivitäten teilzunehmen. Im Circus setzt sie sich an die Spitze der Clownsmädchen und schafft es – auch der technischen Entwicklung sei Dank – auf Augenhöhe dabei zu sein.
Es ist wunderbar, wie ihr ermöglicht wird, mit und zwischen den anderen ein Tänzchen zu wagen! Aber die aufmerksame Beobachterin sieht auch, dass der Drang der Anderen zur Perfektion dabei manchmal auf der Strecke bleiben muss.
Und das ist gut so! In einem Gesellschaftssystem, das nahezu alles einem Optimierungswahn unterwirft, tut es so wohl, Menschen wie Du und Ich auf einer Bühne zu erleben: Eben Große und Kleine, Dicke und Dünne, Schnelle und Langsame, solche mit Behinderung und jene, die die perfekten Maße fürs Trapez haben.
Konzepte von Diversity und Inklusion sind inzwischen fast in aller Munde, doch die Alltagspraxis sieht anders aus. Segregation findet überall statt und beginnt bereits im Kindesalter. Deswegen ist es so wohltuend, dass der Circus Montelino das wunderbar bunte Gegenteil lebt.
Und zwar nicht nur einmalig bei der Schuljahresabschlussaufführung, sondern in den Clowns‑, Artistik- oder Jonglage-Gruppen, die jede Woche nach dem Unterricht stattfinden. Da ist es ganz egal, ob jemand eine "rote" oder "blaue" Nase hat! Wichtig ist allein, mit Humor dabei zu sein.
Fotos und Text: Astrid Priebs-Tröger