Gib, so wird dir gegeben …

Fäden spie­len eine Haupt­rol­le in der neu­en Ton und Kir­schen Pro­duk­ti­on "Es war ein­mal und war auch nicht…", die jetzt im T‑Werk zur Pre­mie­re kam.  Und es sind zumeist Frau­en, die die Fäden spin­nen und Män­ner, die an ihnen ziehen.

Von der run­den Büh­ne mit den drei Spu­len, der alten Frau auf dem Stuhl geht es direkt in einen dunk­len und stür­mi­schen Mär­chen­wald. Hier tau­chen aller­lei gehörn­te und zot­ti­ge Tie­re, hung­ri­ge Sol­da­ten und jam­mern­de Mäd­chen aus diver­sen (inter­na­tio­na­len) Mär­chen auf.

Es war ein­mal und war auch nicht…/Foto: Mari­on Kollenrott

Was­si­lis­sa z. B. muss, bevor sie das Feu­er bekommt, Mohn­sa­men aus einem Rie­sen­berg Erde sor­tie­ren und wie es (nur) in Mär­chen geschieht, legt sie sich schla­fen und die Auf­ga­be ist am nächs­ten Mor­gen doch vollbracht.

In ihrer neu­es­ten Pro­duk­ti­on zie­hen die Ton und Kir­schen Darsteller*innen, Musiker*innen und Bastler*innen wie­der alle Regis­ter ihrer unver­gleich­lich poe­ti­schen Thea­ter­kunst. Sie spie­len sich zu sechst – mit zwei neu­en Prot­ago­nis­ten (Poli­na Boris­so­va und Maxi­mi­li­an Frie­del) durch unzäh­li­ge Rol­len, bewe­gen wie­der jede Men­ge Pup­pen, die wun­der­bar wie immer, von Dai­sy Wat­kiss und Nel­son Leon gebaut  wurden.

Es war ein­mal und war auch nicht…/Foto: Mari­on Kollenrott

Und sie ver­we­ben dabei ganz neben­bei die zahl­rei­chen losen Fäden – bei­spiel­wei­se aus der berühm­ten Fal­la­da-Geschich­te, aus Rapun­zel, Rum­pel­stilz­chen oder auch Frosch­kö­nig –  zu einem wun­der­schö­nen, zau­ber­haf­ten und auch immer wie­der komi­schen (David John­s­ton) neu­en Mär­chen- und Blütenteppich.

Fast immer geht es um Gut und Böse, arm und reich, Beschei­den­heit und Gier und nahe­zu immer obsiegt in den fan­tas­ti­schen Geschich­ten die Gerech­tig­keit. Wenn auch erst nach sie­ben Jah­ren oder wenn die gestell­ten Auf­ga­ben bis zum bit­te­ren Ende erfüllt sind. Aber dann wird gehei­ra­tet oder eine rie­si­ge oran­ge­far­bi­ge Rübe in Gold und Sil­ber auf­ge­wo­gen. In allen die­sen Geschich­ten erfüllt sich letzt­end­lich die Hoff­nung, dass das Gute, Ech­te, die Lie­be obsiegen.

Es war ein­mal und war auch nicht…/Foto: Mari­on Kollenrott

Die­ses Ver­spre­chen wird auch zum Ende der 80-minü­ti­gen Auf­füh­rung noch ein­mal sehr klar erzählt. Mar­ga­re­te Biereye erscheint in einem roten Kleid und erzählt ganz pur die Stern­ta­ler-Geschich­te. Also die jenes Mäd­chens, das ande­ren buch­stäb­lich sein letz­tes Hemd über­lässt. Und dann, kurz vor dem eige­nen Erfrie­ren, (doch noch) reich belohnt wird. Und Biereyes mäd­chen­haf­ter und doch so rei­fer Tanz, lässt einen das ewi­ge Stirb und Wer­de wun­der­bar berüh­rend nachvollziehen. 

Und gera­de die Stern­tal­er­ge­schich­te mit ihrem – Gib, so wird Dir gege­ben – könn­te auch (ohne gött­li­chen Hin­ter­grund) eine Affir­ma­ti­on sein, die unser (heu­ti­ges) Zusam­men­le­ben wesent­lich erleich­tern könn­te. Und auch die Sehn­sucht nach Frie­den kommt immer wie­der in der neu­en Pro­duk­ti­on und  in den zu einem bun­ten Strauß zusam­men­ge­bun­de­nen Geschich­ten vor.

Die in die­ser, unse­rer zuneh­mend krie­ge­ri­schen Zeit die wun­den See­len – in der Pre­mie­re haupt­säch­lich von älte­ren Erwach­se­nen – so wun­der­bar erwär­men konn­ten. Mit minu­ten­lan­gem Bei­fall bedank­te sich das Publi­kum bei die­sen unge­mein wan­del­ba­ren Mimen, die es schon so lan­ge schaf­fen, die Her­zen der Men­schen wirk­lich zu berühren.

Astrid Priebs-Trö­ger

18. Oktober 2024 von Textur-Buero
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