The show must go on

Dass sie bereits seit zwan­zig Jah­ren gemein­sam auf der Büh­ne ste­hen, ist den bei­den Artis­tin­nen Lot­ta Paa­vil­ai­nen und Sti­na Kopra auf den ers­ten Blick nicht anzu­se­hen. Doch in ihrer sehr humor­vol­len Erin­ne­rungs-Revue "20 Years Later, Still Here!" wird sehr schnell klar, wie gut sie ein­an­der ken­nen und wie sehr sie auf­ein­an­der ein­ge­spielt sind.

Auch wenn die ers­ten Minu­ten am Rola-Bola-Balance­brett fast wie Anti­cir­cus wir­ken, weil nun wirk­lich über­haupt nichts klappt, weder eine von ihnen dar­auf sicher zu ste­hen kommt, noch die ande­re die Balan­ce zu hal­ten ver­mag. Statt­des­sen kip­pen sie run­ter, krie­gen wech­sel­sei­tig das Brett an den Kopf und schau­en der davon­rol­len­den Rol­le hinterher.

"Lot­ta & Sti­na", Foto: Fran­ka Schwuchow

Per­fek­ti­on und jahr­zehn­te­lan­ge Erfah­rung sehen anders aus! Aber es ist die clow­nes­ke Grund­idee von "20 Years Later, Still Here!", das beim Win­ter­cir­cus im T‑Werk auf­ge­führt wur­de, neben Höhen und Tie­fen auch und immer wie­der das gemein­sa­me "Schei­tern" zu zei­gen und den gemein­sa­men Ver­such, "Per­fek­ti­on" zu erreichen.

Die­se Begrif­fe ste­hen hier in Anfüh­rungs­zei­chen, weil bei­des immer auch eine Fra­ge der Per­spek­ti­ve ist. Der Per­spek­ti­ve der­je­ni­gen, die es "erlei­den" und die ihrer Zuschau­er: innen in die­sem Prozess.

Bei "Lot­ta & Sti­na" sieht man/frau vor allem eine star­ke weib­li­che Soli­da­ri­tät, aber auch eini­ge Ani­mo­si­tä­ten und man/frau kom­men nicht umhin, ihre wun­der­ba­re Kraft und ihr abso­lu­tes auf­ein­an­der Ein­ge­spielt­sein zu bewundern.

"Lot­ta & Sti­na", Foto: Fran­ka Schwuchow

Ganz herr­lich bei der wacke­li­gen Anklei­de­num­mer auf ihrem Roll­brett, das nicht ein­mal einen Qua­drat­me­ter groß und stän­dig in Bewe­gung ist. Und doch schaf­fen sie es, dar­auf ste­hend in ihre rosa und hell­blau­en Dres­ses und die hoch­ha­cki­gen Schu­he zu schlüp­fen – mit gro­ßer Acht­sam­keit und Unter­stüt­zung der jeweils anderen.

Genau die­se kom­men auch bei ihren exzel­len­ten Akro­ba­tik­num­mern immer wie­der zum Tra­gen. Die bei­den Fin­nin­nen, die in ganz Euro­pa tou­ren und eini­ge Prei­se beka­men, erzäh­len aber auch von den Schat­ten­sei­ten der glit­zern­den Artistik-Welt.

"Lot­ta & Sti­na", Foto: Fran­ka Schwuchow

Bei­spiels­wei­se, wie schwie­rig es ist, für weib­li­che Artis­tin­nen selbst Mut­ter zu wer­den oder sich in der Show­biz-Welt gegen sexu­el­le Über­grif­fe von Män­nern zur Wehr zu set­zen. Da bleibt einem das Lachen buch­stäb­lich im Hals stecken.

Und sie zei­gen auch, dass hin­ter der glit­zern­den, leich­ten Fas­sa­de jede Men­ge kör­per­li­che Bles­su­ren – ähn­lich wie beim Spit­zen­sport – ste­cken und sich frau trotz zahl­rei­cher Ver­let­zun­gen doch immer wie­der ins Ram­pen­licht stellt. Nicht weil der gro­ße Ver­dienst, son­dern vor allem das Glück der Zusam­men­ar­beit und der (gegen­sei­ti­gen) Reso­nanz als wah­rer Lohn winken.

Astrid Priebs-Trö­ger

22. Februar 2025 von Textur-Buero
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