Potdam tanzt!
Was für ein Auftakt! Schon die schieren Menschenmassen überwältigten: 150 tanzten und über 1.000 schauten ihnen dabei gebannt zu. Der Prolog der diesjährigen 28. Tanztage sprengte wirklich alle bisherigen Potsdamer Tanz-Dimensionen.
"Le Grand Continental" – die zeitgenössische Choreografie des Kanadiers Sylvain Émard feierte zudem in Potsdam ihre Europapremiere.
Der neue Geist von Potsdam
Amateurtänzer*innen zwischen 13 und 70 Jahren hatten drei Monate lang auf diesen Auftritt hingearbeitet und zeigten unter prächtigem Abendhimmel dreißig Minuten lang alles, was in ihnen steckt. Nämlich jede Menge Energie und Lebensfreude, Kooperationsbereitschaft und Weltoffenheit. Dieses Tanz-Event im Potsdamer Lustgarten zeigte eindrucksvoll, welcher (neue) Geist inzwischen in Potsdam wohnt.
Denn nicht mal fünfhundert Meter Luftlinie vom Lustgarten – der ältesten Gartenanlage Potsdams – entfernt, befindet sich die Garnisonkirche, von der einst ein ganz anderer Geist in die Welt getragen wurde. Die Tänzer*innen tanzten jedoch nicht direkt in der historischen Gartenanlage, sondern auf dem vom Soldatenkönig davor angelegten Exerzierplatz.
Und obwohl ihre Choreografie sich am Line-Dance – bei dem in Reihen und Linien vor- und nebeneinander getanzt wird – orientierte, hatte sie rein gar nichts mit der strengen Ordnung und Uniformität von militärischen Aufmärschen zu tun.
Ungeheure Gemeinschaftsenergie
Stattdessen tanzten Große und Kleine, Frauen und Männer, Kräftige und Zarte, Junge und Ältere u. a. zu lateinamerikanisch inspirierten Rhythmen einträchtig mit- und nebeneinander. Viele trugen luftige Sommerkleidchen, andere legere Sportklamotten, sogar jemand in Zimmermannskleidung beziehungsweise mit schwarzen Spitzenhemd war zu sehen.
Die meisten lächelten beseelt bei dem was sie taten, andere konzentrierten sich auf die vielen verschiedenen Schrittfolgen mit ernsthaftem, nach innen gerichtetem Blick. Und sie erzeugten, das war auch unter freiem Himmel zu spüren, eine ungeheure (Gemeinschafts-) Energie. Die noch nachwirkte, als das Ganze – fast zu schnell – zu Ende war.
Eine schöne Idee auch, hier in Potsdam eine Gruppe Kinder einen Moment lang in die Choreografie einzubeziehen. Diese "energetisierten" die kurz am Boden liegenden Tänzer*innen ebenfalls mit ihrer übersprudelnden Energie und Lebensfreude.
Astrid Priebs-Tröger