Komödie geht immer

Es herrsch­te zu Beginn fast so etwas wie Volks­fest­stim­mung. Und nicht nur dies erin­nert dar­an, dass sich das "Neue Glo­be Thea­ter" selbst in der Tra­di­ti­on der fah­ren­den Schau­spiel­trup­pen – wie zu Shake­speares oder Moliè­res Zei­ten – sieht. 

Die agi­le Trup­pe um Andre­as Erfurth und Kai Fre­de­ric Schri­ckel, kämpft als freie Thea­ter­grup­pe indes mit fast den glei­chen Pro­ble­men wie ihre berühm­ten Kollegen.

Die Strei­che des Sca­pin, Neu­es Glo­be Thea­ter, Foto: Phil­ipp Plum

Seit Shakespeares Zeiten die gleichen Probleme

Sie braucht eigent­lich kon­ti­nu­ier­li­che finan­zi­el­le Unter­stüt­zung, um ihre Pro­duk­tio­nen vor­zu­fi­nan­zie­ren und sie muss als Thea­ter ohne eige­ne Spiel­stät­te ein­ge­la­den wer­den, um in ande­ren Häu­sern ihre Insze­nie­run­gen zu zei­gen. Mit genau die­ser The­ma­tik begin­nen auch "Die Strei­che des Sca­pin", die das "Neue Glo­be" in einer Fas­sung von Peter Lot­schak auf die Büh­ne bringt.

Moliè­res berühm­te Thea­ter­trup­pe muss­te ihre alte Spiel­stät­te ver­las­sen und soll an ande­rem Ort für neu­es Publi­kum jetzt auch noch eine nagel­neue Insze­nie­rung aus dem Hut zau­bern. Am sel­ben Tag ver­steht sich! Doch das ist selbst den sturm­er­prob­ten Män­nern und Frau­en um Moliè­re zu viel – und sie meu­tern im "Vor­spiel" auf offe­ner Büh­ne. Kaum ein Kli­schee wird in den sprit­zi­gen Dia­lo­gen aus­ge­las­sen, das Schau­spie­ler als arbeits­scheu­es und ziem­lich eit­les Gesin­del dif­fa­miert. Und auch die kom­pli­zier­ten Bezie­hun­gen zwi­schen ihnen sub­til ins Lächer­li­che zieht.

Spielen – ohne Wenn und Aber!

Doch als selbst den Zuschau­ern klar ist, dass weder die Per­so­na­ge noch die Zeit dafür rei­chen, das neu­es­te Stück des Prin­zi­pals ein­zu­stu­die­ren, beschließt Moliè­re, der impo­sant von Saro Emir­ze ver­kör­pert wird, auf "Die Strei­che des Sca­pin" aus­zu­wei­chen und die­sen höchst selbst zu geben. Denn "Komö­die geht immer" und es wird gespielt "Ohne Wenn und Aber" – so sei­ne über­le­bens­wich­ti­ge Devise.

Die Haupt­rol­le spielt der geris­se­ne und intri­gan­te Die­ner Sca­pin. Er steht auf der Sei­te der jun­gen Lie­ben­den, die nicht zuein­an­der kom­men dür­fen, weil die Eltern ande­re Hei­rats­plä­ne mit ihren Kin­dern haben. Sca­pin, der eine blü­hen­de Fan­ta­sie und ein eben­so schnel­les wie fre­ches Mund­werk besitzt, spinnt ein Netz von (Lügen-)Geschichten um alle han­deln­den Per­so­nen. Gezeigt wird, dass der, der das meis­te Thea­ter macht, (immer) am bes­ten durchs Leben kommt. Emir­ze bleibt auch in der Rol­le des Die­ners Sca­pin der abso­lu­te Chef auf dem Thea­ter und lässt alle ande­ren bei­na­he wie Mario­net­ten in sei­ner Hand erscheinen.

Amüsanter Running Gag

Die Frau­en­rol­len hin­ge­gen gerin­nen der Ent­ste­hungs­zeit gemäß zum Kli­schee und bie­ten genau­so, wie die Rol­len der jun­gen Lieb­ha­ber, nicht wirk­lich Raum für indi­vi­du­el­les Spiel.  Da Vater-Sohn-Kon­flik­te oder Herr-Knecht-Ver­hält­nis­se auch noch heut­zu­ta­ge ihre zer­stö­ren­de Dyna­mik ent­fal­ten, ist man wirk­lich dank­bar, als Sca­pin dem gie­ri­gen Schwe­re­nö­ter Géron­te – Kai Fre­de­ric Schri­ckel – der auch Regie führ­te, gehö­rig das Fell ver­soh­len darf. Und auch der feig-fre­che Die­ner Sil­vest­re zeigt wie alle ande­ren über­bor­den­de Spiellust.

Beson­ders amü­sant an der ins­ge­samt kurz­wei­li­gen Insze­nie­rung ist der Run­ning Gag, der bereits im "Vor­spiel" eta­bliert wur­de. Auf­grund von Per­so­nal­man­gel, Zeit- und Geld­not ent­ste­hen in der lau­fen­den Auf­füh­rung immer wie­der Pan­nen. Wie die, dass die Souf­fleu­se minu­ten­lang ihren Ein­satz ver­passt oder nicht als Amme auf­tre­ten kann, weil sie par­al­lel dazu souf­flie­ren muss. Bleibt zu hof­fen, dass das "Neue Glo­be Thea­ter" nie­mals in sol­che pre­kä­ren Situa­tio­nen gerät und ihr "Sca­pin" genau­so wie einst der des Moliè­re zum Kas­sen­schla­ger wird.

Astrid Priebs-Trö­ger

Die­ser Arti­kel erschien zuerst in den Pots­da­mer Neu­es­ten Nach­rich­ten (PNN) vom 21.05.2018.

24. Mai 2018 von admin
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